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Technologische Revolutionen erfolgen nicht durch Verhandlungen

Nicht nur aus den genannten Gründen intensiver politisch-energiewirtschaftlicher Interessenverflechtung sind globale Klimaverhandlungen bisherigen Verlaufmusters wenig erfolgversprechend. Selbst wenn es diese Verflechtungen – intensiver und breiter noch als die zwischen Politik und Rüstungswirtschaft – nicht gäbe, sprächen elementare wirtschafts- und techniksoziologische Gründe dagegen. Die für eine nachhaltige klima- und umweltschützende Energieversorgung notwendige Ablösung fossiler Energiequellen (wie auch atomarer) bedeutet wirtschaftlich deren Ersetzung durch Techniken, die Energie effizienter umwandeln und bereitstellen und die überwiegend nicht-kommerziellen erneuerbaren Energien umwandeln und nutzen. Deshalb und weil die erneuerbaren Energien von ihrer aktiven Förderung bzw. Einsammlung bis zu ihrer Nutzung einen völlig anderen Energiefluß als die fossilen Energien haben, sind andere wirtschaftliche Träger und andere Wirtschaftszweige angesprochen als die der konventionellen Energiewirtschaft – und damit andere wirtschaftliche Interessen. Erneuerbare Energien erfordern zahlreiche Träger – potentiell jeden einzelnen Energienutzer – und sind eine neue wirtschaftliche Entwicklungschance für die Landwirtschaft (Biomasse), die Baustoffwirtschaft (energie-sparende Materialien), das Ingenieurwesen und das Handwerk (solares Bauen), die Anlagen- und Motorenindustrie (Windkraftanlagen, Biogasanlagen, dezentrale Motorkraftwerke, Brennstoffzellen), die elektrotechnische Industrie (autonom stromproduzierende Elektrogeräte) und anderes mehr. Die realisierte ökologische Energiereform ist der denkbar umfassendste Fall einer wirtschaftlichen Strukturumwälzung – der eigentliche Grund für die zahlreichen Widerstände.
Erfahrungen, wie eine technologische Revolutionierung mit umwerfenden Folgen entsteht, vermittelt uns die moderne Technikgeschichte vielfach. Keine einzige technologisch-strukturelle Revolution erfolgte ohne massive Widerstän-de, keine im Konsens mit den potentiellen Verlierern und keine über einen inter-nationalen Vertrag, auch wenn die Wirkung eine globale war. Aber viele brauchten am Ort ihrer Entstehung zunächst einen politischen Rahmen oder gezielte Förderung, um sich entfalten und ihre neue wirtschaftliche und kulturelle Attraktivität demonstrieren zu können: ob Eisenbahnbau, Stromtrassenbau, Automobilisierung, Schiffs- oder Flugverkehr, Atomkraft oder Telekommunikation.

So entstanden und entstehen dynamische Prozesse, bis sie schließlich eine selbsttragende Eigendynamik entwickeln (was bei der politisch umhegten konventionellen Energiewirtschaft bis heute nicht der Fall ist). Die Mikroelektronik wurde wegen der durch sie ermöglichten Produktionsvorteile eingeführt, trotz der damit verbundenen umfassenden Strukturbrüche in fast allen Wirtschaftszweigen. Wer dieser Entscheidung politisch – etwa durch Forschung und Entwicklung – nachhalf, hatte Standortvorteile. Wo gebremst wurde, um Strukturbrüche zu vermeiden, kamen die Nachteile. Auch bei der ebenfalls umwälzenden Biotechnologie wiederholt sich der gleiche Vorgang.

In keinem Fall wurde gefordert, um unberechenbare Strukturbrüche zu vermeiden, eine der genannten Technologien auf der Basis eines internationalen Abkommens mit quotierten Einführungspflichten einzuführen. Jeder, der dies gefordert hätte, wäre als wirtschaftsferner Phantast verlacht worden. Stets hieß und heißt es, schneller zu sein als andere, weil das künftige Standortvorteile bringt.

Alle diese Erfahrungen werden beiseite geschoben, wenn es um ökologische Energietechnik geht, deren Anwendungsbreite umfassender ist als jede andere technologischen Innovation. Nur hier gilt der Strukturwandel als unzumutbar und konnte sich das irreale Leitmotiv durchsetzen: Wenn, dann alle. Erklärbar ist das nur mit der geistigen Hegemonie der real existierenden Energiewirtschaft, die für sich einen anderen Maßstab verlangt und weithin unbestritten durchgesetzt hat. Sie darf sich zugleich wie ein Träger öffentlicher Belange und als der Allgemeinheit nicht verpflichtete Privatwirtschaft aufspielen, planwirtschaftliche wie marktwirtschaftliche Kategorien gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen. Die Rolle als Staat im Staat ist ihr von den Regierungen zugestanden – wie bei den deutschen Energiekonsensverhandlungen, deren Abschlüsse Staatsverträgen gleichkommen.

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