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Artikel erschienen in Blätter für deutsche und internationale Politik 9/2001, 29. August 2001

„Let’s improve the atmosphere“, hieß es auf Grußanzeigen des Bundesumweltministeriums zur Bonner Weltklimakonferenz – der achten seit 1992. Dabei war schon vor der Konferenz klar, daß selbst ein nicht verwässertes Kyoto-Protokoll im optimalen Realisierungsfall bis zum Jahr 2012 kaum mehr bewirken könnte, als die Emissionen auf den schon brisant klimagefährdenden Stand des Jahres 1990 zurückzuführen.

Auf Basis der nicht mehr zur Debatte stehenden Vorentscheidungen ging es also kaum noch um eine Verbesserung der Klimabedingungen, sondern um das Aufhalten weiterer Verschlechterungen. Das Zitat, und mehr noch die Tonart, mit der die Konferenzteilnehmer im Chor mit akkreditierten Umweltorganisationen das Ergebnis öffentlich als Erfolg feierten, steht in auffallendem Kontrast zum prekären Zustand des Weltklimas, den das Ergebnis von Bonn nicht verbessern kann. Das Wuppertal-Institut rechnet in einer Kurzanalyse mit Emissionssteigerungen bis zum Zieljahr 2012 von 10%. Doch die Debatte über die Bewertung des Kyoto-Protokolls scheint gelaufen. Pacta sunt servanda, wohl oder übel – oder mit einem Aphorismus von Stanislaw Lec gesprochen: „Wer das Niveau heben will, muß die Ansprüche senken.“

Tatsächlich muß die Debatte erst beginnen – nicht mehr vorrangig um die Ergebnisse, sondern um die Frage, ob sich der Weg über Weltklimakonferenzen als geeignet erwiesen hat. So verständlich es ist, auch minimale Ergebnisse der Öffentlichkeit als Erfolg zu präsentieren: Gemessen an den Gefahren und damit gegebenen Herausforderungen haben sich die Weltklimakonferenzen als Handlungsmuster nicht bewährt. Obwohl fast alle denken, man müsse den einmal eingeschlagenen Weg beharrlich fortsetzen, sind Überlegungen überfällig, ob es nicht doch Alternativen dazu gibt. Einzubeziehen ist dabei die Frage, ob solche Konferenzen nicht vielleicht sogar mehr geschadet als genutzt haben. Diese ist schon dadurch aufgeworfen, daß das letzte Jahrzehnt nicht nur das der unaufhörlichen Weltklimakonferenzen war, sondern gleichzeitig das des größten Zuwachses an Emissionen in der Weltgeschichte – nämlich über 30%; und das nicht nur in Ländern mit wirtschaftlichem Nachholbedarf, sondern auch in solchen, die sich seit Jahren offiziell zum Klimaschutz bekannten.

Weltklimakonferenzen dürfen nicht nur daran gemessen werden, was sie in der konkreten Konstellation unter den Verhandelnden erreicht haben. Es geht auch darum, was seit der Eröffnung der Konferenzserie versäumt, vertagt, ausgespart, unterlassen und verspielt wurde – da sie das Instrument der Staatenwelt zum Weltklimaschutz sein sollen und zu sein beanspruchen. Und die Bilanz der Schattenseiten erweist sich als so gravierend, daß es unverantwortlich wäre, nicht die Frage nach geeigneteren Handlungsoptionen zu stellen. „Let’s improve the policy“, lautet die Anforderung an die Klimapolitik nach Bonn.

Dies gilt umso mehr, als die Ansprüche an eine Weltklimakonferenz in den Monaten vor der Bonner Konferenz drastisch gesunken sind. Anders ist nicht erklärbar, warum nun ein Ergebnis begrüßt wird, das noch im Dezember 2000 auf der Weltklimakonferenz in Den Haag durchfiel. Die Zumutungen an das Kyoto-Protokoll, die von Japan, Australien und Kanada durchgedrückt wurden, gehen nämlich deutlich über Bedingungen hinaus, die diese im Verein mit den USA seinerzeit einforderten. Damals provozierten sie die EU dazu, die Konferenz – unter dem Beifall der Umweltverbände – platzen zu lassen. Offensichtlich hat der amerikanische Präsident Bush diesen Szenenwechsel von der Position „lieber gar kein Abkommen als ein schlechtes“ zu der „lieber ein noch schlechteres Abkommen als gar keines“ bewirkt.

Für die Erfolgsinterpretation werden drei Gründe in Anspruch genommen:
Erstmals habe sich die EU aufgerafft, ein internationales Abkommen mit globalem Anspruch ohne die USA zu beschließen und die Federführung zu übernehmen, deshalb bedeute das Protokoll einen politischen Durchbruch. Mit ihm sei immerhin ein Grundstein gelegt, auf den man nun in weiteren Weltklimakonferenzen für den Zeitraum nach 2012 aufbauen könne. Da gleichwohl die Substanzarmut des Ergebnisses ins Auge springt, müsse es – so einige kritische Befürworter – nun eine Klimapolitik der „zwei Geschwindigkeiten“ geben: Neben dem Kriechgang à la Kyoto einen schnelleren Gang einzelner Länder, die sich zu ihrem eigentlichen wirtschaftlichen Vorteil als treibende Kraft engagieren.

Diese Interpretation der Weltklimakonferenzen wirft jedoch mehrere kritische Fragen auf:

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