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Artikel erschienen in Frankfurter Rundschau, 20. Januar 2003 

Wie hoch die Kosten eines Kriegs gegen Irak sein würden, lässt sich nicht voraussagen. Es wird unmittelbare Kosten und Folgekosten geben, deren Höhe von der Dauer des Kriegs und vom Ausmaß der Kriegszerstörung abhängen - neben den unzählbaren mittelbaren Kosten, von Umweltschäden bis zu sozialen und wirtschaftlichen Kosten durch Konjunktureinbrüche in der Weltwirtschaft, ganz zu schweigen von unübersehbaren innen- wie außenpolitischen Kosten weltweit.

Die mittelbaren Kosten würden alle tragen müssen. Welche Staaten sich jedoch amerikanischen Forderungen nach einer Mitfinanzierung der unmittelbaren Kriegs- und Kriegsfolgekosten entziehen können, wird davon abhängen, wie sich ihre Regierungen zu einer Kriegsentscheidung stellen.

Dass eine solche amerikanische Kostenforderung an andere kommen würde, kann als sicher unterstellt werden. Allein der deutsche Finanzierungsanteil am GolfKrieg 1991 belief sich auf 18 Milliarden Mark, ebenso der japanische. Dies war zusammen etwa ein Drittel der gesamten direkten Kosten - als Preis dafür, dass sich beide Länder nicht am Krieg beteiligten. Die unausgesprochene amerikanische Begründung für die außergewöhnliche Höhe der deutschen und japanischen Kostenbeteiligung war der weltwirtschaftliche Rang ihrer Volkswirtschaften. Deshalb sollten sie sich angemessen daran beteiligen, dass die Weltölversorgung nicht durch die seinerzeit von Saddam Hussein provozierte politische Destabilisierung der Golfregion gefährdet wird.

Um die Kontrolle über die Erdölreserven in der Golfregion - die zwei Drittel der noch nicht ausgeschöpften Weltreserven ausmachen - gegebenenfalls auch militärisch sichern zu können, sind die USA seit 1991 kontinuierlich militärisch präsent. Ihre Kosten dafür liegen seitdem bei jährlich etwa 50 Milliarden Dollar. Das sind umgerechnet etwa 100 Dollar pro Barrel Öl, das aus der Golfregion in die USA geliefert wird. Je nach Ölpreis waren das seitdem vier- bis sechsmal so viel, wie ein Barrel Öl kostet. Seitdem war es der US-Regierung ein ständiges Ärgernis, dass sie diese aus ihrer Sicht unumgänglichen militärischen Kosten zur militärischen Sicherung der Erdölreserven allein tragen soll. Es war deshalb auch kein Zufall, dass auf der Wunschliste der US-Regierung, welchen aktiven internationalen Beitrag Deutschland in der internationalen Anti-Terror-Allianz nach dem 11. September 2001 leisten könnte, der Einsatz der Bundesmarine zur Kontrolle der Seewege in der Golfregion stand. Dieser hat tatsächlich kaum etwas mit Terroristenbekämpfung zu tun, aber viel mit einer auf Dauer gewünschten militärischen Eskorte der maritimen Öltransportwege, deren Kosten in keiner Ölrechnung stehen.

Das Abstimmverhalten der Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat zu einem eventuellen weiteren Irak-Krieg wird mit darüber entscheiden, ob Deutschland in diesem Fall eine Kriegsrechnung zurückweisen kann. Sicher ist, dass die rot-grüne Bundesregierung sich nicht an einem Krieg beteiligen würde. Eine dennoch abgegebene deutsche Jastimme zu diesem Krieg stünde nicht im rechtlichen Widerspruch zur Nichtbeteiligung, sehr wohl aber in einem klaren politischen Widerspruch. Deshalb würde eine aus diplomatischen Gründen erfolgende Kriegsbefürwortung, wie sie von der CDU/CSU verlangt wird, nicht nur einen tiefen Vertrauensriss zwischen den Regierungsparteien und ihren Wählern hervorrufen. Sie würde auch bewirken, dass sich die Bundesregierung einer US-Forderung nach Mitfinanzierung der Kriegslasten, wahrscheinlich in der Größenordnung eines zweistelligen Milliardenbetrags, kaum noch verweigern könnte. Dies könnte auch dann schwierig werden, wenn sich die Bundesregierung bei einem Kriegsvotum im Sicherheitsrat nur der Stimme enthalten würde.

Deutschland musste den Golfkrieg 1991 mitfinanzieren, weil es diesen befürwortet hat. Die Zinseszinsen mitgerechnet, wurden aus den 18 Milliarden Mark seitdem rund 15 Milliarden Euro, etwa das Vierfache des jährlichen deutschen Entwicklungshilfehaushalts und etwa das Hundertfache des jährlichen Marktanreizprogramms für erneuerbare Energien, nicht zuletzt, um damit vom Erdöl weniger abhängig werden zu können. Jetzt sind wir in einer Situation, in der die deutsche Regierung eine deutsche Kriegsbeteiligung ablehnt, weil sie den Krieg erklärtermaßen für falsch hält. Dies ist die Basis, sich amerikanischen Kostenforderungen verweigern zu können. Auch eine Mitfinanzierung würde eine innenpolitische Vertrauenskrise hervorrufen. Sie wäre für den Bundeshaushalt ein Fiasko. Ein auch bei einer Abstimmung im UN-Sicherheitsrat abgegebenes klares Nein zum Krieg in Verbindung mit einer vorsorglichen Absage an jegliche Begleichung von Kriegskosten kann vielleicht sogar dazu beitragen, dass die Bush-Regierung doch noch in letzter Minute Abstand von ihren Kriegsambitionen nimmt.

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