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WCREArtikel erschienen in Solarzeitalter 2/2001, August 2001

Alle Menschen ersehnen sich Lebensbedingungen, in denen sie sich entfalten, ihre Gesundheit erhalten und ein ausgefülltes Dasein haben können. Jeder Mensch wünscht sich, dass er die Erde in besserem Zustand verlässt als sie vorher war. Der wirtschaftliche Fortschritt des 20. Jahrhunderts, basierend auf fossiler Energie, Atomkraft und großangelegten Wasserkraftwerken, hat zwar den Menschen viele Vorzüge beschert, aber er ist gleichzeitig eine wachsende Gefährdung der elementaren menschlichen Bedürfnisse.

Aufgrund der wachsenden globalen Besorgnisse über diesen Zustand und weltweiter Rufe aus allen Teilen der Welt nach besseren Lösungen, ist der Weltrat für Erneuerbare Energien gebildet worden. Seine wichtigste Aufgabe ist die Entwicklung und Verbreitung politischer Stategien auf allen Ebenen - der multinationalen, nationalen, regionalen und kommunalen Institutionen -, sowie im Bereich der Wirtschaft und in der Kultur des Zusammenlebens der Menschen das Wissen und die Anwendung über die Erneuerbaren Energien zu verbreiten und zu forcieren.

Der Weltrat, eine weltweit operierende unabhängige Organisation wird - frei von den Interessen im gegenwärtigen Weltenergiesystem - die globale Stimme für die Erneuerbaren Energien im Konzert der weltweiten Energiediskussion sein. Eine Stimme, die all die Vorteile der Erneuerbaren Energien für die Qualität des menschlichen Lebens aufzeigt, indem die Erdatmosphäre geschützt, die Industrie erneuert, externe Kosten verhindert und Langzeitkosten eingespart werden und der Frieden erhalten bleibt. Eine Stimme, die Regierungen und Internationale Organisationen auffordert, letztlich ihre Prioritäten auf Erneuerbare Energien zu setzen und die Substituierung der konventionellen Energien zu beschleunigen. Eine Stimme, die dabei hilft die Lippenbekenntnisse, die den Erneuerbaren Energien oft gezollt werden, in eine starke und umfassende Praxis umzusetzen. Eine Stimme für eine politische Strategie für Erneuerbare Energien statt für die Entfaltung der konventionellen Energiemärkte.

Wie sehr es bisher an einer solchen Stimme fehlte, zeigten die bisherigen Verhandlungen der Weltklimakonferenzen: Erneuerbare Energien als wichtigster Schritt zum Weltklimaschutz spielten bei diesen nur eine nebensächliche Rolle. Damit sich das ändert und nicht länger über die wirtschaftlichen Lasten des Klimaschutzes, sondern über die Chancen für die künftige Weltwirtschaft und die Zivilisation durch Erneuerbare Energien gesprochen und zum richtigen Handeln dafür motiviert wird, ist der Weltrat für Erneuerbare Energien nötig.

Er muss die Weltmeinung von den Erneuerbaren Energien überzeugen. Er muss die Fehlentwicklungen, Gefahren, die versteckten Kosten und zivilisatorischen Schäden der konventionellen Energieversorgung ohne taktische Rücksichten aufzeigen. Er muss Regierungen und Unternehmen motivieren und couragieren, Strategien für Erneuerbare Energien zu entwickeln. Er muss die Interessen für Erneuerbare Energien zusammenführen und die dafür nötigen Allianzen schmieden - unter Einbeziehung der Teile der konventionellen Energiewirtschaft, die den Weg zu Erneuerbaren Energien mitgehen, ohne die üblichen Barrieren zu akzeptieren. Er ist das Weltforum für die politischen und wirtschaftlichen Konzepte sein, die am schnellsten die Einführung Erneuerbarer Energien ermöglichen.

Aus diesen Gründen erfolgte am 8. Juni 2001 die Gründung des Weltrats für Erneuerbare Energie. Was ist die Rolle dieses Weltrats im Verhältnis zum existierenden Weltenergierat (World Energy Council - WEC), der alle drei Jahre die Weltenergiekonferenz organisiert, in der auch Erneuerbaren Energien thematisiert werden - und der auch den Report über "New Renewable Energy Sources" herausgegeben hat, in dem namhafte wissenschaftliche Promotoren Erneuerbarer Energien mitwirkten?

Dieser Report gibt selbst einen Teil der Antwort auf diese Fragen: "Although there is broad pubic support for the concept of renewable energy, there is also the barrier posed by existing investments and interests in fossil fuel and nuclear energy provision and use." Deshalb empfiehlt sogar der Weltenergierat, "a single organisation to give international focus and leadership to the increased use of renewable energy". Damit bestätigt der WEC, dass er selbst zu einer konsequenten Pro-Position für Erneuerbare Energien nicht in der Lage ist. Der WEC ist eine regierungsunabhängige Organisation, getragen von der konventionellen Energiewirtschaft. Er besteht seit 1924 und hat damit die Entwicklung des Weltenergiesystems im 20. Jahrhundert nicht nur begleitet, sondern konzeptionell mitgestaltet.

Dieses Weltenergiesystem mit seinen Unternehmen basiert weit überwiegend auf fossilen Energien und Atomenergie - und der Großwasserkraft, also der alten statt der neuen Erneuerbaren Energien. Es trägt damit die Hauptverantwortung für das Entstehen der ökologischen Weltkrise. Der Weltenergierat, der die Rolle eines Sachverständigenrates für dieses Weltenergiesystem spielt und in dieses integriert ist, hat dafür eine Mitverantwortung. Er hat jahrzehntelang daran mitgewirkt, die Möglichkeiten Erneuerbarer Energien zu ignorieren und herunterzuspielen. Er hat diese stets so bewertet, dass es die Interessen der fossilen und atomaren Energieanbieter nicht stört. Er betrachtet das Potenzial Erneuerbarer Energien als additiv zum bestehenden Energieverbrauch und nicht als Ersatz dafür. Kaum denkbar, dass von der konventionellen Energiewirtschaft ein Plan zur vollständigen und möglichst schnellen Substituierung atomarer und fossiler Energie durch Erneuerbare Energien vorgebracht wird und die Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden.

Sie hält an der These der Unverzichtbarkeit atomarer und fossiler Energie fest, obwohl diese widerlegt ist. Sie denkt und handelt in der Ratio der etablierten Struktur der Energieversorgung. Die etablierte Energiewirtschaft kann deshalb nicht wirklich neutral sein gegen.ber allen Energiequellen, sie ist im Kern eine fossile Energiewirtschaft. Sie ist entstanden und damit zugeschnitten auf die Bereitstellung der heute dominanten Energieangebote. Sie musste sich also mit ihren Infrastrukturen, Energietechniken und Unternehmensformen einstellen auf den spezifischen Fluss fossiler und atomarer Energien, von deren Quellen an relativ wenigen Plätzen der Welt bis zum Verbrauch überall auf der Welt. Zwangsläufig wurden die Räume des Energieverbrauchs zunehmend von den Räumen der Energiegewinnung entkoppelt. So entstand die lange Energiekette, in der jedes einzelne Glied abhängig ist vom anderen. Diese Energiekette fesselt auch die Akteure der Energiewirtschaft.

Erneuerbare Energien erfordern andere Strukturen, weil deren Energiefluss völlig anders ist. Sie werden überall von der natürlichen Umgebung angeboten oder in dieser als Biomasse kultiviert und geerntet, jedoch in geringerer Energiedichte als fossile und atomare Energie. Da die natürlichen Energieangebote - Solarstrahlung, Solarwärme, Wasser, Wind, Biomassepotenziale - überall unterschiedlich sind, wird es mit den Erneuerbaren Energien von Region zu Region auf dem Erdball unterschiedliche Schwerpunkte und Nutzungsformen geben. Aber überall wird es möglich werden, die Energiebedürfnisse aus dem regionalen Energieangebot zu befriedigen. Die Räume des Energiekonsums können wieder synchronisiert werden mit den Räumen der Energiegewinnung.

Lieferanten fossiler und atomarer Primärenergie verlieren zunehmend ihre Rolle, weil sie ersetzt werden durch kostenlose Erneuerbare Primärenergie oder durch Bioenergie aus der Land- und Forstwirtschaft. Die wirtschaftlichen Gewinner dieser Entwicklung sind die Produzenten und Anwender zahlreicher und vielfältiger Techniken zur Umwandlung und Nutzung Erneuerbarer Energien - im Bereich der Elektrotechnik, der Mikroelektronik, der Bautechnik, der Agrartechnik, der Motorentechnik, der Anlagentechnik, der Glastechnik und der Energiespeichertechnik. Erneuerbare Energien sind die Chance für eine ökologische Industrialisierung, für eine Revitalisierung der Landwirtschaft, für eine uanbhängige und dauerhafte Energieversorgung - und die wichtigste Bedingung für eine Rettung der Umwelt. Sie erfordern statt weniger Großstrukturen der Energieversorgung zahlreiche einander ergänzende Kleinstrukturen. Sie sind flexibel einsetzbar, weil jedes installierte Modul für sich arbeiten kann. Sie sind deshalb schnell einführbar, weil sie keine lange Konstruktionszeit brauchen. Zusammenfassend: sie brauchen andere Strukturen als die der konventionellen Energiewirtschaft - andere Techniken, andere Nutzungsformen, andere wirtschaftliche Träger, andere politische Rahmenbedingungen, andere Ausbildung.

Das wirkliche Potenzial der Erneuerbaren Energien ist nur wenigen bewusst. Es ist eine absurde Situation, dass die Erneuerbaren Energien - das bei weitem größte, dauerhafteste und umweltschonende Energiepotenzial, das der Menschheit zur Verfügung steht - unterschätzt werden, während die atomaren und fossilen Energiepotentiale trotz ihrer langen Ketten der Energiebereitstellung und ihrer Umweltschäden überschätzt werden.

Diese Absurdität kann nur überwunden werden durch eine weltweit operierende unabhängige Organisation - frei von den Interessen im gegenwärtigen Weltenergiesystem und von Rücksichten auf Regierungen und internationale Organisationen, die vielfach mit der konventionellen Energiewirtschaft verwoben sind.

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