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scheer_hand120.jpg Pressemitteilung, 13. März 2009

Zur neu entbrannten bundesweiten Diskussion um das Waffenrecht anlässlich des Amoklaufes in unserem Kreis erkläre ich:

Pflicht des Gesetzgebers ist es, dafür zu sorgen, dass die Menschen in diesem Land sicher leben können – dass Eltern ihre Kinder zur Schule schicken können ohne Angst haben zu müssen.

Zweifellos wird man nicht jedes Verbrechen verhindern können. In einer freiheitlichen Gesellschaft, in welcher der Staat eben keine lückenlose Kontrolle ausübt, kann nicht jeder Täter schon im Vorfeld identifiziert werden. Das übrigens hat auch noch kein totalitäres Regime je geschafft.

Was aber politisch machbar ist, das ist die Einführung von wirkungsvollen Regeln, durch die der Zugang zu Schusswaffen wesentlich erschwert wird. Ohne Waffe keine Tat. In Deutschland gibt es rund 7 Millionen registrierte Schusswaffen. Rund 3,6 Millionen Privatbesitzer verfügen legal über Schusswaffen. Diese wiederum teilen sich auf in Traditions- und Sportschützen (2 Millionen), Altbesitzer und Erben von Waffen (900.000), Jäger (400.000) und Sammler (300.000). Faktisch ergeben sich damit nahezu unübersehbar viele Gelegenheiten für Täter an eine Waffe zu kommen.

Ich spreche mich deshalb dafür aus, Privatpersonen die Aufbewahrung von Schuss­waffen weitgehend zu verbieten. Schusswaffen, die für Freizeit-, Sport- und Brauchtumszwecke verwendet werden, sollen ausnahmslos nur noch in den Schützenvereinen aufbewahrt werden. Die hierfür notwendigen Sicherheits­anforderungen für die Aufbewahrungsbehältnisse sind bereits im geltenden Waffen­gesetz geregelt.

Werden Waffen vom Verein ausgegeben und verlassen das Vereinsgelände, beispielsweise für einen Wettbewerb außerhalb, so ist die Ausgabe nur ohne Munition erlaubt. Die Munition wird vor Ort vom Ausrichter des Wettbewerbs gestellt.

Schusswaffen für die Jagd sollten nur noch dort, wo im Rahmen einer sogenannten Eigenjagd oder in Pacht ein Jagdbezirk dauerhaft und mit den entsprechenden Pflichten (Hege) zu betreuen ist, privat aufbewahrt werden dürfen.

Wer noch nicht volljährig ist, dem ist das Schießen in jedem Fall zu untersagen. Bisher dürfen nach dem Waffengesetz Kinder zwischen 12 und 14 Jahren unter Aufsicht beispielsweise mit Druckluftwaffen in Schießständen schießen. Wer zwischen 14 und 16 Jahre alt ist, darf unter Aufsicht sogar mit Feuerwaffen schießen. In beiden Fällen muss der Sorgeberechtigte sein Einverständnis erklärt haben. Die sogenannten Jugendjagdscheine (ab 16 Jahren) sind ersatzlos abzuschaffen.

Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass diese Forderungen bedeuten, dass dann Sport­schützen ihr Hobby in Zukunft nur noch unter umständlicheren Bedingungen ausüben können. Dies erscheint mir jedoch vertretbar, wenn dadurch ein erhöhter Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erreicht werden kann.

Um eines klarzustellen: Wenn ich eine erhebliche Verschärfung des Waffenrechtes fordere, dann kriminalisiere ich damit nicht generell Waffenbesitzer oder unterstelle ihnen per se Gewaltbereitschaft. Ich unterstelle aber sehr wohl, dass legale Waffen in die falschen Hände geraten können ohne dass der eigentliche Besitzer dies erfährt oder kontrollieren kann. Die Amokläufe in Winnenden und Bad Reichenhall bestätigen mich in dieser Auffassung. Ebenso die Statistik: in Deutschland wurden im Jahr 2007 fast 1.000 Schusswaffen gestohlen. Die Aufklärungsquote bei diesen Delikten lag bei nur 36,5 Prozent. Eine Verschärfung des Waffenrechts betrifft somit zwar viele Waffenbesitzer, ist aber nicht gegen sie gerichtet, auch wenn viele das vielleicht so empfinden mögen. Es ist vielmehr gegen den offensichtlich vielfach möglichen Missbrauch von Schusswaffen gerichtet.

Wie löchrig das jetzige Waffenrecht ist, zeigt sich gerade an diesem Punkt. Laut geltendem Waffengesetz kann demjenigen die Erlaubnis zum Besitz einer Waffe verweigert werden, bei dem „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass … Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.“. Nach den vorliegenden Informationen ist genau das im Fall Winnenden passiert. Der Attentäter hatte Zugang zu einer Waffe für die nur sein Vater eine Waffenbesitzkarte besaß. Wie jedoch hätte die ausstellende Behörde das vorausahnen und dem Vater die Waffenbesitzkarte verweigern können? Mutmaßungen über das zukünftige Verhalten eines Waffen­besitzers helfen nicht weiter, weiter hilft offensichtlich nur, Waffen grundsätzlich aus dem schwer kontrollierbaren Privatbereich zu entfernen.

Nun wird der Vorwurf erhoben, dass es sich bei meinen Forderungen um die Form von Aktionismus handelt, die jedes Mal dann auftritt, wenn wieder eine Bluttat stattgefunden hat. Dazu muss aber festgestellt werden, dass jede dieser Bluttaten ein weiterer Beleg dafür ist, dass unser Waffenrecht ganz offen­sichtlich nicht konsequent genug ist – auch nach der Neufassung 2002/2003. Weil es um Menschenleben geht, können wir uns dieses Vorgehen von Versuch und Irrtum aber nicht weiter leisten. Meine Forderungen sind eine Konsequenz aus dem Gesamtbild, das sich aus den Amokläufen von Winnenden, Erfurt und Bad Reichenhall ergibt.

Sie sind somit eben kein Aktionismus. Die Idee, Privatwaffen zentral zu lagern, ist ja nicht neu. Sie wurde bereits im Rahmen der Neufassung des Waffen­gesetzes 2002 erwogen und leider wieder ver­worfen. Eines der Argumente damals war, dass solche zentralen Waffenlager den Anreiz für Kriminelle erhöhten, sie zu überfallen. Dieser Einwand ist schon dadurch widerlegt, dass es die 1.000 genannten Waffendiebstähle mit nur 36,5 Prozent Aufklärungsquote gab. Wer eine kriminelle Aktion von langer Hand plant, der wird irgendeinen Zugang zu Waffen bekommen. Aber in den Fällen jugendlicher Amokläufer war es vielfach so, dass sie den leichten Zugang zu Waffen zu Hause hatten und nicht vorher irgendwo gewaltsam eindringen mussten.

Es sollte noch angemerkt werden, dass in Deutschland noch kein bundesweites Waffenregister existiert. Ein solches Register wäre aber eine zusätzliche Möglichkeit der Kontrolle von Waffen. Außerdem wären verlässliche Zahlen über die Anzahl der vorhandenen legalen Waffen leichter zu erlangen. Bisher existieren nach Medien­berichten in Deutschland mehr als 500 Waffendateien bei den jeweils zuständigen Behörden. Angesichts dessen ist die Bundesrepublik gut beraten, die bereits laufenden Planungen zur Einführung eines bundesweiten Registers zu beschleunigen.

Vielfach wird ja das Argument vorgebracht, dass jedes noch so strenge Waffen­gesetz und jedes noch so gute Register den Bereich der illegalen Schusswaffen, die ja ohnehin die gefährlicheren seien, gar nicht erreiche. Zudem sei die Zahl der illegalen Waffen vermutlich deutlich höher als die der legalen. Das ist wahr. Wahr ist aber auch, dass es sich bei den Amokläufen von Winnenden, Erfurt und Bad Reichenhall ebenso wie in Brannenburg (Bayern), wo im Jahr 2000 ein 16-jähriger Schüler einen Internatsleiter erschoss, um legale Waffen gehandelt hat (in Erfurt zumindest eine). Damit ist klar, dass das Waffenrecht eben doch ein Ansatz ist um solche Taten in Zukunft zu verhindern.

Die Auffassung, dass die Neufassung des Waffengesetzes im Jahr 2002 richtig und ausreichend sei, hat sich als falsch erwiesen. Das geltende Waffen­recht muss in Teilen als gescheitert angesehen werden. Ein neues Waffenrecht, welches das weit­gehende Verbot von privater Schusswaffenaufbewahrung fest­schreibt, ist deshalb nötig.

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