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Pressemitteilung, 04. Mai 2006

Beimischungsquote statt Steuerermäßigung für Biokraftstoffe ist eine grundlegend falsche Weichenstellung

Zu dem vom Koalitionsausschuss der Großen Koalition vorgelegten Eckpunktepapier für ein Gesetz zur Einführung einer Quotenregelung für Biokraftstoffe erklärt der Bundestagsabgeordnete Dr. Hermann Scheer, Präsident von EUROSOLAR und Träger des Weltpreises für Bioenergie: “Das neue Eckpunktepapier für die Biokraftstoffeinführung zielt darauf ab, die Steuerprivilegierung für Biokraftstoffe der so genannten 1. Generation (Pflanzenölkraftstoffe, RME und Bioethanol) im Jahr 2009 und die der so genannten 2. Generation (biosynthetische Kraftstoffe) ab 2015 zu beenden und beginnend mit dem Jahre 2010 durch eine handelbare Beimischungsquote von 6% bei Dieselkraftstoffen und von 3% bei Benzin zu ersetzen.

Würde dieser Beschluss zum Gesetz, wäre damit eine grundlegend falsche Weichenstellung erfolgt, und zwar sowohl wirtschaftlich als auch in technologischer und ökologischer Hinsicht.

Mit der vorgesehenen Beimischungspflicht ab 2009 bzw. ab 2015 als alleiniger Regelung würde darüber hinaus das Ziel einer „Weg vom Öl“-Strategie nur höchst unzureichend realisierbar. Zum Vergleich: Schweden, das innerhalb der EU die offensivste und durchdachteste Biokraftstoffstrategie hat und bis 2020 eine vollständige Importunabhängigkeit von Erdöl realisiert, hat dagegen als zentrales Schlüsselelement die Steuerermäßigung der Biokraftstoffe.

Zwar ist im Rahmen einer Zwei-Wege-Strategie nichts gegen eine ergänzende Beimischungspflicht von Biokraftstoffen bei den marktbeherrschenden Mineralölkonzernen einzuwenden. Der Verzicht auf die Steuerermäßigung für in den Markt gebrachte 100%ige Biokraftstoffe bedeutet jedoch:

  • Die Biokraftstoffe würden einem Anbietermonopol der Mineralölkonzerne ausgeliefert. Die Chance der Entstehung mittelständischer Anbieter für Biokraftstoffe würde zunichte gemacht. Der Mineralölwirtschaft – der einzige Sektor der Energiewirtschaft, der von keinerlei Liberalisierung erfasst ist und der sich bisher der Etablierung von Biokraftstoffen vollständig widersetzt hat – würde die Biokraftstoffeinführung ausgeliefert werden: Der Bock wird so zum Gärtner gemacht.
    Die Fixierung auf die Beimischungsquote lädt zur Kartellbildung geradezu ein und würde zur krassen Wettbewerbsbeschränkung führen, weil mittelständische Anbieter keine Chance mehr haben.
  • Die Mineralölkonzerne werden ihrer Beimischungspflicht mit Billigimporten nachkommen, hinter denen höchst zweifelhafte Anbaukonzepte stehen – u.a. aus Ländern, in denen Tropenwälder abgeholzt werden, um Plantagen für Energiepflanzen anzulegen. Importierte Biokraftstoffe, hinter denen unökologische Anbaubedingungen und lange Lieferketten stehen, sind ökologisch unverantwortlich.
  • Die Chance, dass die Landwirtschaft eine neue Perspektive erhält, wird dadurch ebenso schwerwiegend beeinträchtigt wie die der Entstehung neuer Arbeitsplätze. Auf den strukturellen Belebungseffekt für die Binnenkonjunktur insgesamt und besonders für die ostdeutsche Wirtschaft wird dadurch leichtfertig verzichtet.
    Die durch die Beimischungspflicht ermöglichte Besteuerung von Biokraftstoffen und die damit erhoffte Erhöhung der Steuereinnahmen wird damit zur Luftbuchung, die die herkömmlichen Strukturen konserviert.
  • Fahrzeuge, die Rein-Biokraftstoffe tanken können, erhalten dadurch noch auf längere Sicht keine Marktchance in Deutschland. Dies ist technologisch kurzsichtig und mit einer „Weg vom Öl“-Strategie unvereinbar.
    Eine Vollbesteuerung der Rein-Biokraftstoffe ab 2009 bzw. 2015 macht diese am Markt teurer als fossile Kraftstoffe. Damit wird das Verursacherprinzip des Umweltschutzes ad absurdum geführt.
  • Eine „Weg vom Öl“-Strategie ist mit dem Eckpunktepapier nicht möglich. Zum Vergleich: Sogar die USA kommen bereits vor 2010 auf einen Biokraftstoffanteil von 10%.

Im Sinne einer durchdachten Biokraftstoff-Strategie ist deshalb die Ersetzung der Steuerermäßigung durch eine bloße Beimischungsquote nicht tragbar. Es ist notwendig, dass die Regierungsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren diese falsche Weichenstellung korrigieren.“

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