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EUROSOLAR-Pressemitteilung, 30. Januar 2003

Zukunftsbewusste Landwirte sind Träger einer ökologisch fundierten Industriellen Revolution

Klare Worte fand Dr. Hermann Scheer auf der Tagung „Wie wird der Landwirt zum Energiewirt“ zum Thema Biomasse: „Das weltweite Biomasse-Potential reicht aus, um große Teile des Energiebedarfs zu decken. Das ist nicht nur eine Feststellung, sondern eine Aufforderung, das Potential auch zu nutzen“, so der Präsident von EUROSOLAR. „Allem voran geht es um eine Strategie zur raschen Überwindung der Abhängigkeit von Erdöl und den damit verbundenen globalen Kriegsgefahren. Dazu gehören vor allem bio-synthetische Kraftstoffe und Bio-Alkohol als Kraftstoff“, so Scheer. Rund 150 Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Forschung waren zu der Tagung der Energieagentur NRW und von EUROSOLAR in die Godesberger Stadthalle gekommen.

NRW-Energieminister Dr. Axel Horstmann erklärte, die Biomassenutzung für energetische Zwecke sei unter landwirtschaftspolitischen und insbesondere industriepolitischen Gesichtspunkten interessant. Horstmann: „Es gibt ein großes Interesse sowohl der Mineralölindustrie als auch der Automobilindustrie an regenerativ erzeugten Kraftstoffen.“ Zurzeit arbeite man an der Umsetzung des so genannten „Biomasse-Regionen-Konzeptes“. Neben einer Bestandsaufnahme gehe es in diesem Konzept um die Entwicklung von Vorschlägen zur Verarbeitung von Biomasse sowie der Entwicklung von Anlagen und Technologien.

Scheer erklärte den Wandel des Landwirts zum Energiewirt zu einem wesentlichen Bestandteil des Bemühens, über kurz oder lang die Energieversorgung von fossilen Ressourcen auf erneuerbare Energien umzustellen. Nach Scheer ist eine finanzielle Begünstigung für Strom und Treibstoffe aus Biomasse unumgänglich, wenn sie sich gegen fossile Energieträger durchsetzen sollen. „Das beinhaltet natürlich auch unpopuläre Maßnahmen.

Der EUROSOLAR-Präsident betonte, dass die „Energiewende“ eine globale Herausforderung sei. Während sich in der EU der Gesamtenergieverbrauch zwischen 1990 und 2020 um ein Viertel erhöhe, steige er z.B. in den Entwicklungsländern im gleichen Zeitraum um das Dreifache. Bereits heute sei ihr Gesamtenergieverbrauch zweimal höher als in der EU.

„Wir befinden uns mitten in einer weiteren Industriellen Revolution“, erklärte Dr. Norbert Hüttenhölscher, Leiter der Energieagentur NRW. Hüttenhölscher sagte, es gehe um die konkrete Umsetzung der Wende bei der Energieversorgung. „Die Zukunft liegt in der dezentralen Energieversorgung. Dabei wird die Energie vom Acker oder aus dem Stall zur Eigen- oder Regionalversorgung weltweit an Bedeutung gewinnen“, prognostizierte Hüttenhölscher. Derzeit werden rund acht Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien gezogen. Den möglichen Anteil der Agrarwirtschaft am Gesamtenergieverbrauch Deutschlands schätzt Hüttenhölscher auf über zehn Prozent.

Technische Voraussetzungen

Die Referenten waren sich einig, dass die technischen Möglichkeiten zur Gewinnung von Energie aus Agrarprodukten vielversprechend fortgeschritten seien oder sich teilweise in der Praxis bereits bewährt hätten. Das gelte für die Gewinnung von Glukose als Treibstoff für chemo-elektrische Antriebe ebenso wie für die Erzeugung von Bio-Wasserstoff aus der Landwirtschaft. „Kraftstoffe einschließlich Wasserstoff aus Biomasse ist die Antwort auf die Krisen unserer Zeit. So lassen sich alle Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit sowie niedrige Energiekosten und Komfort erfüllen“, versichert Karl Heinz Tetzlaff vom Deutschen Wasserstoffverband. Als besonders effiziente Methode, kohlenstoffhaltige Energieträger in Wasserstoff umzuwandeln, habe sich die thermische Vergasung (Steam-Reforming) erwiesen. Allerdings sei man über den Betrieb einer Pilotanlage noch nicht hinaus.

Für die Substitution des fossilen Erdgases biete sich zudem die Umwandlung von Biogas in „Greengas“ an. „Greengas“ kann als Kraftstoff verwendet werden oder ins Gasnetz eingespeist werden. „Die technischen Möglichkeiten stehen nach mehrjähriger Erfahrung in der Schweiz, den Niederlanden und Schweden bereits zur Verfügung“, referiert Peter Schrum, Präsident des Bundesverbandes Biogene Kraftstoffe. Nach Schrem betragen die Aufbereitungskosten von Biogas derzeit etwa 5 Cent pro Kilowattstunde (bei weniger als 30 Kubikmeter Rohbiogas/h). „Bei mehr als 400 Kubikmetern sinken die Kosten auf zirka 1 Cent pro Kilowattstunde. Vor allem in der Aufbereitung kleiner Gasmengen werden zukünftig durch den technologischen Fortschritt und Serienproduktionen die Kosten noch weiter sinken.“

Qualifizierung

Inzwischen haben Politik, Forschung und Wirtschaft auf die Nachfrage nach Qualifizierungsmöglichkeiten zum „Energiewirt“ reagiert. An der Fachhochschule Köln werden im Diplom-Studiengang Maschinenbau die Schwerpunkte „Regenerative Energie- und Stofftechnik“ sowie „Regenerative Boden- und Landschaftstechnik“ angeboten. Neben Grundlagen, Verfahren und Technik von Solartechnik und Windenergie steht die Nutzung von Biomasse im Zentrum der Ausbildung. „Es geht um die Bereitstellung von Festbrennstoffen sowie um Anbau, Ernte, Transport oder Aufbereitung. Behandelt werden zudem alle Belange rund um die energetische Nutzung: von Brennstoffeigenschaften bis zur Stromerzeugung“, so Prof. Christiane Rieker von der FH Köln.

Um dem gestiegenen Weiterbildungsbedarf am Thema Biomasse gerecht zu werden, bietet die Energieagentur NRW ab sofort das Seminar „Land- und Forstwirt als Energiewirt“ an. Das Seminar wurde im Rahmen des Programms RAVEL NRW entwickelt. „Bei der Erstellung des Seminars sind die Erfahrungen aus der Bearbeitung von über 600 Projekt-Anfragen zur Biomasse-Nutzung im Jahr 2002 berücksichtigt worden“, erklärt Dipl.-Ing. Torsten Brose von der Energieagentur NRW. Zu den Inhalten gehören u.a. die Vorstellung der technischen Möglichkeiten sowie die Nutzung von Förderprogrammen. Das Seminar steht sämtlichen Weiterbildungsein-richtungen inklusive Teilnehmerunterlagen zur Verfügung.

Programm  Programm "Wie wird der Landwirt zum Energiewirt" (pdf)

Weitere Informationen gibt es bei der Energieagentur NRW, Kasinostraße 19-21, 42103 Wuppertal, Tel: 0202 / 24 552 - 0, www.ea-nrw.de und bei EUROSOLAR.

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