Presseecho 2005
Bonn. Es war seine erste Rede als Bundesumweltminister. Große Gesten oder leidenschaftliche Plädoyers waren dennoch nicht zu erwarten, nicht von Sigmar Gabriel. Und das nicht nur, weil er im Schneegestöber die halbe Nacht und den ganzen Samstagvormittag für die 335 Autokilometer von Emden nach Bonn gebraucht hatte. Nüchterne Programmatik war bei dieser Premiere angezeigt: Klar machen, wofür der neue Umweltminister steht. Und das ist mit wenigen Worten zu umreißen. Gegen Atomkraft, für mehr Klimaschutz, für den Ausbau der erneuerbaren Energien, die nicht nur die „Zukunft unserer Kinder sichern“, sondern „uns auch aus der Abhängigkeit von den großen Energieversorgern befreien“ sollen. Erwartungsgemäß dankbarer Beifall im Publikum, das bei der „Weltversammlung für Erneuerbare Energien“ aus mehr als 400 Befürwortern von Sonnen-, Wind- und Wasserkraft besteht. Wissenschaftler, Politiker, Unternehmer aus 39 Ländern, die bis Mittwoch darüber diskutieren, wie und wann die „Erneuerbaren“ die fossilen Energieträger Öl, Kohle und Gas völlig ersetzen können.
Die SolarWorld AG ehrt mit dem SolarWorld Einstein-Award für herausragendes Engagement rund um die Solarenergie und die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen Dr. Hermann Scheer und Prof. Dr. Klaus Töpfer. Scheer, Vorsitzender des Weltrates für Erneuerbare Energien und Träger des Alternativen Nobelpreises, und Töpfer, Generaldirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und früherer Bundesumweltminister, erhalten die Auszeichnung ihr Lebenswerk. "Beide Persönlichkeiten engagieren sich seit vielen Jahren für den weltweiten Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung, die die natürlichen Lebensgrundlagen schützt und allen Menschen dieser Erde offen stehen soll", sagt Dipl.-Ing. Frank H. Asbeck, Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzender der SolarWorld AG. "Dass die Solarenergie und alle anderen erneuerbaren Energien heute bereits zu den Pfeilern einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft etwa in Deutschland zählen, ist untrennbar mit dem Einsatz von Hermann Scheer und Klaus Töpfer verbunden", so Asbeck weiter. Der SolarWorld Einstein-Award wird den beiden Preisträgern am Samstag, den 26. November, anlässlich der Weltversammlung für Erneuerbare Energien in Bonn in einem feierlichen Festakt überreicht.
Artikel erschienen in Süddeutsche Zeitung, 22. November 2005
Von Christian Schütze. Die Zeit wird ihm Recht geben, aber so lange will Hermann Scheer nicht warten. Er hat die Logik und die Tatsachen auf seiner Seite, aber das „atomar-fossile Energieversorgungssystem“ gegen sich. Zu dessen Ablösung durch „eine neue Politik für erneuerbare Energien“ ruft er mit bekannter Leidenschaft und intellektueller Durchschlagskraft auf. Alle einschlägigen internationalen Veranstaltungen seit der UNUmweltkonferenz von Stockholm 1972 und alle Aufrufe zum sparsamen Umgang mit den erschöpfbaren Energieressourcen haben den dramatischen Anstieg des Verbrauchs fossiler Brennstoffe und damit der CO2-Emissionen nicht gebremst. Dabei ist der Beitrag der erneuerbaren Energien absolut zwar auch gewachsen, relativ aber geringer geworden. Nach aller Lebenserfahrung sind Kohle, Öl, Gas und Uran, die verbrannt wurden, nicht mehr da.
Der Emissionshandel hat den Energiekonzernen satte Gewinne beschert – Schwarz-Rot will das beenden
Von Anselm Waldermann. Berlin. Die Energiewirtschaft muss möglicherweise auf Milliardengewinne verzichten. Dies geht aus den Plänen der künftigen großen Koalition zum Emissionshandel hervor. Demnach sollen Energiekonzerne den Börsenpreis für CO2-Zertifikate nicht mehr auf den Strompreis umlegen dürfen. Bisher ist dies gängige Praxis – obwohl die Konzerne ihre Zertifikate anfangs kostenlos erhalten haben. „Diese Luftbuchungen muss man gesetzlich untersagen“, sagte SPD-Umweltexperte Hermann Scheer dem Tagesspiegel. Auch bei CDU und CSU wird das so gesehen: Eine Verteuerung des Stroms wegen des CO2-Handels sei „nicht länger tragbar“, heißt es in der Unionsfraktion.
Gronau. Ausgerechnet die Gronauer Urananreicherungsanlage darf sich mit einem "Gütesiegel" für ethisches Handeln schmücken - auch im Namen von Umweltschützern und Atomkraftgegnern. Die fühlen sich "ethisch missbraucht". Atomkraftgegner protestieren gegen die Verleihung eines Ethik-Preises an die Betreiber der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau. Die Initiative "Ethics in Business", hinter der die Firma "compamedia" aus dem baden-württembergischen Überlingen steht, hatte den Urananreicherer Urenco mit ihrem "Gütesiegel" ausgezeichnet - und erntet nun massiven Protest: "Beim Abbau von Uran werden selbst im Normalbetrieb Umwelt und Arbeiter verseucht", sagt Udo Buchholz, Sprecher der Gronauer Anti-Atom-Initiative Uaa-Nee. Heftige Kritik kommt auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der europäischen Vereinigung für erneuerbare Energien, Eurosolar. Die beiden atomkritischen Vereinigungen fühlen sich durch "compamedia" missbraucht - schließlich gehören sowohl die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt wie Eurosolar-Präsident Hermann Scheer der Jury von "Ethics in business" an. Doch weder Zahrnt noch Scheer wurden von der Vergabe eines "Gütesiegels" an Urenco auch in ihrem Namen informiert und haben ihren sofortigen Austritt aus der "compamedia"-Jury erklärt.
Energieexperte Scheer: Stromkonzerne haben längst Milliarden daran verdient
Von Harald Schumann. Berlin. Im Streit um die Zukunft von Atom- und Windkraft steuern die Verhandler von CDU und SPD immer tiefer in die Sackgasse. Während die Union gemeinsam mit den Betreiberunternehmen auf die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke drängt, pocht die SPD-Seite auf die Erfüllung der vor fünf Jahren getroffenen Ausstiegsvereinbarung mit den vier großen Stromkonzernen. Gleichzeitig will die Union den Bau von Windgeneratoren im Binnenland stoppen, die SPD dagegen an der bisherigen Praxis festhalten. Um einen Ausweg zu finden, werden der designierte Wirtschaftsminister Edmund Stoiber (CSU) und sein künftiger Kollege vom Umweltressort, Sigmar Gabriel (SPD), heute oder spätestens morgen zu einem Vieraugen-Gespräch zusammentreffen, bestätigte Stoibers Sprecher Manfred Frühauf. „Der Vertrag mit der Wirtschaft zum Atomausstieg muss gelten, wie er vereinbart wurde“, hatte SPD-Chef Franz Müntefering am Sonntag noch einmal bekräftigt. Die harte Haltung begründete der SPD-Energiepolitiker Hermann Scheer im Gespräch mit dem Tagesspiegel „mit den milliardenschweren Zugeständnissen“, die den Atomkraftbetreibern von der Bundesregierung bereits gewährt worden seien. Tatsächlich hat sich die Bundesregierung in der Vereinbarung vom Juni 2000 verpflichtet, weder durch Sicherheitsauflagen noch durch Änderungen im Steuerrecht die Wirtschaftlichkeit von Atomstrom zu mindern. In der Folge blieb den Betreibern die kostspielige Nachrüstung der Altmeiler in Biblis, Neckarwestheimund Brunsbüttel erspart. Insofern sei klar, „dass die Stromkonzerne längst einige Milliarden Euro mit dem Ausstieg verdient haben“, sagte Scheer.
Umweltpolitiker der Partei lehnen Vorstoß der Energiekonzerne ab
Berlin. SPD-Umweltpolitiker lehnen die Zugeständnisse der Energiebranche im Falle einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ab. "Das kann uns nicht umstimmen", sagte SPD-Umweltpolitiker Hermann Scheer dem Handelsblatt (Montagausgabe). Die Umweltpolitiker seiner Partei seien in dieser Hinsicht einer Meinung. Die Stromkonzerne seien nicht mehr vertrauenswürdig. Scheer gehört in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union der Arbeitsgruppe Umwelt an. Die Energiebranche hatte am Freitag vorgeschlagen, sie würde im Gegenzug für die Verlängerung von Laufzeiten "substanzielle Beträge" in einen Fonds einzahlen, der der Energieforschung dienen solle.