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Beitrag gesendet in ZDF Frontal 21, 25. Juli 2006

Von Steffen Judzikowski, Herbert Klar und Stefan Reis. Der Ölpreis ist hoch, die Benzinpreise erreichen immer wieder neue Rekorde. Dabei gibt es eine günstige Alternative: nachwachsende Kraftstoffe wie Biodiesel und Bioethanol, die nicht nur umweltfreundlicher sind, sondern auch den Geldbeutel der Autofahrer schonen. Doch das Sparen mit dem Alternativ-Sprit hat bald ein Ende, ab August will der Fiskus auch beim Biodiesel abkassieren.

Die Autofahrer in Deutschland haben das Nachsehen, wieder einmal: Schon beim kraftstoffsparenden Hybridmotor haben die deutschen Autobauer Chancen verschlafen, hinken den ausländischen Konkurrenten hinterher.

Japanische Ingenieure zum Beispiel haben mit der Kombination aus Benzin- und Elektromotoren bereits Routine, Toyota und Honda bieten entsprechende Modelle an. Beim Start treibt der lautlose Elektromotor das Fahrzeug an, bei schneller Beschleunigung und hohem Tempo schaltet sich der Verbrennungsmotor zu. Das drückt den Verbrauch etwa um ein Drittel. Die beim Bremsen freiwerdende Energie wird genutzt, um die Batterien aufzuladen.

Peinlicher Technikrückstand

In Deutschland, dem Land der Autoerfinder, ist das noch Zukunftsmusik. Warum das so ist, wollte Frontal21 vom Verband der Automobilindustrie wissen. Doch die Anfrage bleibt unbeantwortet, den Autobauern ist der Technikrückstand womöglich peinlich. Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland erklärt das gegenüber Frontal21 so: "Das kann ich verstehen, weil sie da halt wirklich tief und fest geschlafen haben. Und die Hybridtechnologie vor zwei, drei Jahren auch noch als unsinnig, als schwachsinnig beurteilt haben und jetzt doch die gleichen Hersteller hingehen und verkünden: Ja, wir bauen jetzt auch Hybridfahrzeuge, wir kommen 2008 oder 2009 mit den Hybridfahrzeugen auf den Markt."

Während die deutsche Autoindustrie Innovationen verschläft, droht Deutschland gleichzeitig durch die kommende Besteuerung bei den Biokraftstoffen anderweitig einen Vorsprung zu verspielen. Dabei setzt mittlerweile selbst US-Präsident George W. Bush, Spross einer Öl-Dynastie und sonst beileibe kein Vorreiter in der Klimapolitik, auf die Energie aus dem Acker. Bioethanol, der Ersatz für Superbenzin, wird aus Rüben und anderen Pflanzen gewonnen. Raps und Soja sind die Grundstoffe für Biodiesel.

1900 Tankstellen für Biodiesel

Hierzulande ist das Potential für alternative Kraftstoffe groß; in der Produktion von Biodiesel sind die Deutschen weltweit führend. Autofahrer können in Deutschland immerhin 1900 Tankstellen anfahren, um den Kraftstoff zu tanken. Besonders das strukturschwache Brandenburg setzt auf den alternativen Sprit, hier wird ein Viertel aller Biokraftstoffe in Deutschland hergestellt. Die Bioenergie im Land sichert mittlerweile rund 1000 Jobs, alle dreißig Kilometer gibt es eine Biodiesel-Tankstelle.

Der SPD-Umweltexperte Hermann Scheer sieht die großen Chancen, die in den "grünen" Kraftstoffen liegen. Gegenüber Frontal21 sagt er: "Wir haben heute bei fossilen Kraftstoffen eine 100-prozentige Importabhängigkeit, und zwar von fernliegenden Ländern - von Ländern außerhalb der europäischen Union. Und wenn wir unseren Blick nur auf die EU richten, inklusive der Assoziationsländern wie etwa der Ukraine, dann haben wir vielleicht das Potential für 60 bis 70 Prozent Energieerzeugung." Scheer ist der Überzeugung, dass der Anteil herkömmlicher Kraftstoffe damit auf 30 bis 40 Prozent gesenkt werden kann.

Schweden hat es besser

Doch dieses Ziel scheint in weite Ferne gerückt: Wegen der Steuer auf Biosprit ab August sehen viele Hersteller ihre Existenz in Gefahr. Nach Angaben des Verbandes der Deutschen Biokraftstoff-Industrie könnte die Hälfte des Marktes wegbrechen. Zum Schaden von Umwelt und Autofahrer, sagen Experten.

Die schwedischen Fahrzeuglenker haben es da besser: Dort verfolgt die Regierung das ehrgeizige Ziel, sich als erstes Land der Welt bis 2020 vom Erdöl unabhängig zu machen. Ulf Sävström vom Energieministerium Schwedens erläutert das gegenüber Frontal21: "Wir wollen weg vom Öl. Es ist sehr dringend, dass man von der Erdölabhängigkeit wegkommt. Die Erdölkommission der Regierung hat sich viele Gedanken darüber im Frühjahr gemacht und hat verschiedene Wege dabei gefunden." So soll durch Subventionen die Produktion von Autos, die mit Bioethanol fahren, angekurbelt werden. Auf solche Regierungs-Initiativen warten die deutschen Autofahrer bisher vergeblich.

www.zdf.de

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