Menu Content/Inhalt

Iniative for an International Renewable Energy Agency

 










Der energethische Imperativ, Verlag Antje Kunstmann, 2010.

Energieautonomie
Energieautonomie. Eine neue Politik für Erneuerbare Energien. Verlag Antje Kunstmann, 2005.
Energy Autonomy.
The Economic, Social and Technological Case for Renewable Energy. Earthscan/James & James, Dezember 2006.

(c) photocase.comRede zur Eröffnung der Internationalen Impulskonferenz für die Einrichtung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), Berlin, 08. Juni 2001

Drei zentrale Widersprüche sprechen für die Einrichtung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA): Der anhaltende Widerspruch zwischen den erkannten Gefahren, die sich aus der Nutzung atomarer und fossiler Energien ergeben, und demgegenüber den unverhältnismäßig geringen politischen und wirtschaftlichen Initiativen zur Einführung der Erneuerbaren Energien, mit denen diese Gefahren überwunden werden können.

  • Die Tatsache, dass es im internationalen Institutionensystem keine der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vergleichbare Einrichtung für die globale Entwicklung und Einführung Erneuerbarer Energien gibt - obwohl allein die Erneuerbaren Energien die Hoffnung auf eine unabhängige, dauerhafte und emissionsfreie Energieversorgung der Menschheit einlösen können, die sich die Welt, in den 50er und 60er Jahren von der friedlichen Nutzung der Atomenergie erwartete. Statt "Atoms for Peace" geht es um "Solar for Peace".
  • Die nach wie vor weit verbreitete Unterschätzung der Möglichkeiten Erneuerbarer Energien - sowohl ihres natürlichen Potenzials wie ihrer technischen und wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten. Diese Unterschätzung gibt es nicht nur bei politischen und wirtschaftlichen Akteuren, sondern auch in der Wissenschaft - und dementsprechend in der allgemeinen Öffentlichkeit. Dazu gehört ein nach wie vor weit verbreitetes Unverständnis über die im Vergleich zur konventionellen Energiebereitstellung andersartigen politischen, wirtschaftlichen und sozio-kulturellen Voraussetzungen für die Nutzung Erneuerbarer Energien. Konventionelle Energien haben relativ wenige Träger, und ihre Bereitstellung muss konzentriert und überwiegend großtechnisch erfolgen. Erneuerbare Energien brauchen zahlreiche Träger, und ihre Bereitstellung muss dezentral und überwiegend kleintechnisch sein.

1. Der Widerspruch zwischen der Entwicklung des Weltenergiebedarfs und dem langsamen Tempo der Einführung Erneuerbarer Energien

Der Weltenergiebedarf und damit die Energieangebote wachsen immer noch schneller als die Einführung Erneuerbarer Energien. Dies zeigen uns die Energiestatistiken seit Beginn des Jahres 1990 - dem Referenzjahr für die angestrebten internationalen Vereinbarungen zum Weltklimaschutz - ebenso wie es alle Energieszenarien, von der IEA bis zum WEC, bis zum Jahr 2020 prognostizieren.

Dies bedeutet: trotz vielfacher Einzelinitiativen zur Mobilisierung Erneuerbarer Energien steigt der konventionelle Energieverbrauch. Alle diese Einzelinitiativen - ob die der Weltbank und anderer Entwicklungsbanken, ob von UN-Organisationen oder durch bilaterale Entwicklungshilfe, ob durch nationale Einführungsprogramme oder unternehmerische Initiativen - haben ihre Bedeutung. Sie setzen Stein auf Stein. Aber das Gesamtbild zeigt uns: Umfang und Tempo sind bei weitem nicht genug. Die Zahl der Akteure und ihr Spielraum reichen nicht aus. Ohne die massive Mobilisierung zahlreicher neuer Akteure und ohne die umfassende Verbesserung der Handlungsbedingungen und Spielräume vorhandener und neuer Akteure für Erneuerbare Energien wird die Weltzivilisation das Rennen zwischen Energiebedarf und umweltschonender Energiebereitstellung verlieren.

Die Mobilisierung Erneuerbarer Energien ist das wichtigste Aktionsfeld der Menschheit, die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts, von der alles andere abhängt - von globalen Umweltschutz bis zur wirtschaftlichen Entwicklung.

2. Der Widerspruch zwischen der Existenz der IAEA und der Nichtexistenz einer IRENA

1957 wurde die IAEA gegründet, mit weniger als 20 Mitgliedern. Ihre Aufgabe ist die atomare Sicherheit, die Nichtverbreitung von Atomwaffen und die Förderung der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Sie entstand aus dem Geist der 50er Jahre, der Idee "Atoms for Peace". Dass Erneuerbare Energien die Weltenergieversorgung übernehmen könnten, kam seinerzeit niemand in den Sinn.

Heute hat die IAEA 130 Mitglieder, darunter auch die meisten afrikanischen Staaten. Die Aufgabe der IAEA zur Gewährleistung von nuklearer Sicherheit und der Nichtverbreitung von Atomwaffen bleibt. Für Erneuerbare Energien sind solche Aufgaben nicht nötig. Aber die zweite Aufgabe der IAEA ist die des atomaren Technologietransfers. Dafür stehen ihr jährlich über 100 Millionen Dollar zur Verfügung - obwohl die Mehrzahl ihrer Mitglieder keine Atomkraftwerke hat und auch nicht mehr haben will, ob aus prinzipiellen, wirtschaftlichen, strukturellen oder Sicherheitsgründen.

Doch diese Aufgabe des Technologietransfers ist sogar im internationalen Vertragsrecht - und mit ihr die IAEA - verankert. Ausschlaggebend dafür ist der Artikel IV des Nuclear Nonproliferation Treaty (NPT) vom 1. Juli 1970, der erst im Mai 2000 auf der Sechsten Überprüfungskonferenz der Vertragsstaaten in New York unbefristet verlängert wurde.

In Art. IV, Abs. 2 des NPT steht: "All the Parties to the Treaty undertake to facilitate, and have the right to participate, in the fullest possible exchange of equipment, materials and scientific and technological information for the peaceful uses of nuclear energy. Parties to the Treaty in a position to do so shall also cooperate in contributing alone or together with other States or international organizations to the further development of the applications of nuclear energy for peaceful purposes, especially in the territories of non-nuclear weapon States being Party to the Treaty, with consideration for the needs of the developing areas of the world."

Dieser Artikel steht nicht nur auf dem Papier. Er wird selbstverständlich praktiziert, umgesetzt durch die IAEA. Im Mai 2000 bei der Überprüfungskonferenz des NPT wurde er in deren Abschlusserklärung einstimmig bekräftigt, also auch mit den Stimmen derjenigen Länder, die den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen und eingeleitet haben. In der Erklärung heißt es u.a.:

"The conference notes the contribution that the peaceful use of nuclear energy can make to progress in general and helping to overcome the technological and economic disparities between developed and developing countries."

"The conference underlines the role of IAEA in developing countries in the peaceful use of nuclear energy through the development of effective programmes aimed at improving their scientific, technological, and regulatory capabilities."

"The conference commends IAEA for its efforts to enhance the effectiveness and efficiency of the Agency's Technical Cooperation Programme to ensure the continuing relevance of the programmes to the changing circumstances and needs of the recipient member states."

"The conference welcomes the new strategy for technical cooperation which seeks to promote socio-economic impact within its core competences, by integrating its assistance into the national development programme of each country with a view to ensuring sus-tainability through expanding partnerships in development, model project standards and the use of country programme frameworks and thematic plans."

"The conference recommends that IAEA continue taking this objective and the needs of developing countries, notably least developed countries, into account when planning its future activities."

Dieses Dokument beschreibt ein Dilemma: wer für die Nichtverbreitung von Atomwaffen ist, also für die Gültigkeit der NPT, muss danach auch weiter für den nuklearen Technologietransfer sein, um nicht vertragsbrüchig zu werden. Für Erneuerbare Energien gibt es bis heute keine adäquate Vertragsgrundlage und keine vergleichbaren internationalen institutionellen und finanziellen Initiativen mit obligatorischem Charakter wie für die Atomkraft! Dieser Widerspruch ist unerträglich und geht an den Bedürfnissen der Weltzivilisation vorbei! Alle Regierungen, die ich darauf angesprochen habe, ist dieser Tatbestand peinlich.

Für Erneuerbare Energien ist eine ebensolche internationale Anstrengung nötig, wie sie für Nuklearenergie stattgefunden hat, zumal die Weltenergieprobleme prekärer sind denn je! Wer eine spezialisierte Agentur für die Erneuerbaren Energien nicht für erforderlich hält, müsste konsequent sein und die Mittel für die Transferaktivitäten der IAEA streichen! Die Welt fragt nach obligatorischen Verpflichtungen für Erneuerbare Energien, nach Atomenergie fragen nur noch wenige! Für Erneuerbare Energien ist mindestens eine Gleichbehandlung im internationalen Vertrags- und Institutionssystem ein zwingendes Gebot! Deshalb ist nicht allein eine IRENA nötig, die für den Technologietransfer mindestens die gleiche - tatsächlich aber mehr - institutionellen und finanziellen Spielraum braucht wie die IAEA.

Nötig ist auch eine Ergänzung des atomaren Nichtverbreitungsvertrages, die spätestens auf der siebten Überprüfungskonferenz des NPT im Jahr 2005 beschlossen werden sollte: ein Internationaler Verbreitungsvertrag für Erneuerbare Energien!
EUROSOLAR hat den Entwurf eines solchen Vertrages gedacht als Zusatzprotokoll zum atomaren Nichtverbreitungsvertrag. Dessen Kernsatz lautet: "Dieser Vertrag erlaubt den Mitgliedern des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages, die Verpflichtung aus Art. IV zur Hilfe bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie durch die Hilfe bei der Nutzung der Erneuerbaren Energien zu ersetzen."

Diesen Vorschlag wollen wir dem UN-Generalsekretär und allen Vertragsstaaten des NPT zuleiten. Das Zusatzprotokoll wäre das internationale Vertragssignal, dass es nicht mehr, wie vor 50 Jahren, um das Atomzeitalter geht, sondern um das Solarzeitalter.

3. Zur Unterschätzung der Möglichkeiten Erneuerbarer Energien

Die zentrale Legitimation, auch in Zukunft auf Atomenergie und fossile Energien zu setzen, wird von der Behauptung abgeleitet, dass Erneuerbare Energien nicht ausreichen würden, die Weltenergieversorgung zu sichern. Dies ist ein Vorurteil, dessen Wahrheitsgehalt auch nicht höher wird, wenn es von Physik-Nobelpreisträgern behauptet wird. Hier ist nicht der Ort, dafür Szenarien aufzuzeigen. Man kann die Klarstellung auch abkürzen, dass die Weltenergieversorgung durch Erneuerbare Energien möglich ist:

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) prognostiziert in ihrem "World Energy Outlook" für das Jahr 2010 einen weltweiten Jahresstromverbrauch von 20,8 Billionen Kilowattstunden Strom, wovon 3,4 Billionen aus großen Wasserkraftanlagen und nur 154 Mrd. aus anderen Erneuerbaren Energien kommen würden. Gemessen an diesem Energiebedarf müssten also etwa 17,2 Billionen Kilowattstunden aus Erneuerbaren Energien statt aus konventionellen Energien gedeckt werden, um zu einer emissionsfreien Stromerzeugung zu kommen. Das ist leichter realisierbar als die konventionelle Energiewissenschaft unterstellt.

Man muss nur die praktische Phantasie von der Leine des herrschenden Denkens lassen: Eine Windkraftanlage mit der Kapazität von 1,5 MW produziert bei durchschnittlichen Windbedingungen jährlich etwa 3 Millionen Kilowattstunden; für eine Strommenge von 17,2 Billionen müssten also weltweit 5,7 Mio. Windkraftanlagen der genannten Bauart installiert werden. So viele Windräder zur Stromerzeugung, allerdings deutlich kleinerer Bauart, drehten sich in den 30er Jahren allein in den ländlichen Gebieten der USA - bevor die Überlandleitungen kamen, die den Strom aus den Großkraftwerken lieferten. Analog dazu ergibt die Hochrechnung der Photovoltaik auf den Gesamtbedarf: schon bei dem heutigen - also noch weit verbesserungsfähigen - Jahreswirkungsgrad von 10% der Solarzellen und bei einer durchschnittlichen globalen Sonneneinstrahlung von 1700 Kilowattstunden pro Quadratmeter wären etwa 100.000 Quadratkilometer Solarzellenmodule nötig, um den für 2010 errechneten Gesamtstrombedarf der Welt zu erzeugen - ein Bruchteil der mit Gebäude überdeckten Flächen, in die man diese Module integrieren könnte. Dies sind aber nur zwei - in ihrer Eindimensionalität unnötige Optionen - für Vollbedarfsrechnungen.

Denn bei den Erneuerbaren Energien werden die Energieformen stets vielfältig gemischt. Und neben Windenergie und Photovoltaik gibt es noch ungezählte Möglichkeiten der Stromerzeugung mit kleinen Laufwasser- und Wellenkraftwerken, größeren solar-thermischen Kraftwerken im Sonnengürtel der Erde oder Gezeitenkraftwerken in Flachküstengebieten, das Erdwärmepotenzial oder eben das der Bio-Energie. Indem all diese Möglichkeiten sich wechselseitig ergänzen, muss keine Option vollständig ausgeschöpft werden. So beantwortet sich auch die übliche Frage, was denn geschehen wird, wenn keine Sonne scheint oder der Wind nicht weht.

Der Wärmebedarf in Häusern, der in Europa etwa ein Drittel des Gesamtenergiebedarfs ausmacht, könnte in den nächsten Jahrzehnten allein durch das solare Bauen befriedigt werden, indem auf verschiedenste Weise die Solarwärme vom Gebäude eingefangen und gespeichert wird; derartige energieautarke Nullemissionshäuser gibt es schon, zu nur noch geringfügigen Mehrkosten, sogar im nicht unbedingt sonnenprivilegierten Deutschland. Im Bereich des fossilen Kraftstoffbedarfs für Straßen-, Wasser- und Lufttransporte rechnet die IEA für 2010 einen Jahresbedarf von 1,3 Mrd. Tonnen Erdöl.

Die naheliegendsten Möglichkeiten, solche Mengen zu ersetzen, vermitteln die Bio-Energien. Auch deren natürliches Potenzial wird grob unterschätzt. Die natürliche photosynthetische Jahresproduktion des gesamten Pflanzenwuchses auf dem Erdball beträgt 220 Mrd. Tonnen Trockenmasse. Diese Pflanzen haben jeweils den halben Energiegehalt von Erdöl. Bei einem durchschnittlichen Energieertrag von nur 15 t Trockenmasse pro Hektar - ein gemäßigter Durchschnittswert - ergibt sich, dass daraus ein Erdöläquivalent von 7,5 t gewonnen werden kann. Für 1,3 Mrd. t ergäbe dies einen energiepflanzlichen Flächenbedarf von 1,75 Mio. qkm aus nachhaltiger Forst- und Landwirtschaft. Demgegenüber stehen erdenweit 40 Mio. qkm Waldfläche, 10 Mio. qkm landwirtschaftlicher Nutzfläche und 49 Mio. qkm Wüsten- und Halbwüstengebiete, von denen ein großer Teil revegetationsfähig ist, und sei es durch Aufforstung.

Schon diese skizzenhaft zusammengestellten Daten machen deutlich, dass der gesamte Energiebedarf der Menschheit durch Mischstrukturen Erneuerbarer Energien befriedigt werden könnte, auch wenn für die Realisierung ein längerer Zeitraum als bis zum Jahr 2010 nötig wäre. Der Weg dahin kann aber verkürzt und erleichtert werden durch Energieeffizienzsteigerungen und damit verbundenen Spareffekten, sowie durch die Optimierung der Umwandlungstechniken bei den Erneuerbaren Energien, bisher nur ein Stiefkind der öffentlichen und privaten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.

Der Mehrheit der Energieexperten mangelt es offensichtlich an Neugier, Phantasie oder dem Willen zur globalen Hochrechnung praktisch erprobter Ansätze für den Einsatz Erneuerbarer Energien - oder sie sind zu opportunistisch gegenüber den machtvollen Strukturen der konventionellen Energiewirtschaft. Sonst könnten sie nicht die lächerliche Behauptung aufstellen, Erneuerbare Energien reichten nicht aus, um die Weltenergiebedürfnisse zu befriedigen. Natürlich wissen wir, dass die Substitution nicht bis 2010 realisiert werden kann - aber warum nicht bis 2050?

Dies bedeutet aber - aufgrund der Schlüsselstellung der Energieversorgung für alles - den größten Strukturwandel seit Beginn der modernen Wirtschaftsgeschichte. Keiner kann sagen, wie schnell dieser realisierbar ist: dies hängt von der Mobilisierung der dafür nötigen Akteure ab. Aber sicher ist, dass Umfang und Tempo drastisch beschleunigt werden müssen. Dies ist ein weiterer Grund für die IRENA, die ein organisiertes Verbreitungs- und Beschleunigungsinstrument sein muss, um die vielfältigen Widerstände zu überwinden, die von den Strukturen der konventionellen Energieversorgung bis in die Mentalitäten von Energiekonsumenten reichen.

Der größte Verhaltensfehler auf Weltklimakonferenzen ist, dass auf diesen die Quadratur des Kreises versucht wird, indem sie das Klima schützen und gleichzeitig die Verursacher der Klimaveränderungen schonen wollen. So beisst sich die Katze in ihren eigenen Schwanz. Der Einschätzungsfehler gegenüber Erneuerbaren Energien, der auch eine Prämisse der Weltklimakonferenzen darstellt und deren bisheriges Scheitern erklärt, ist der, dass der Wechsel zu Erneuerbaren Energien als wirtschaftliche Last verstanden wird, die international gleich verteilt werden muss (burden-sharing), obwohl die Bedingungen ungleich sind. Tatsächlich ist dies aber eine einzigartige wirtschaftliche Chance für alle - von den dadurch vermiedenen Umweltschäden bis zu den eingesparten Importkosten für Energie, von der Schaffung neuer Industrien bis zur Vermeidung internationaler Ressourcenkonflikte.

4. Die Vorbehalte gegenüber einer IRENA: nicht stichhaltig

Damit sind wir bei der Frage, die gegenüber der Forderung nach einer IRENA immer wieder gestellt wird, seit sie erstmals artikuliert wurde. Seit 20 Jahren heisst es: die bestehenden internationalen Organisationen reichen aus. Manche sehen in der Forderung nach einer IRENA eine mangelnde Würdigung ihrer Arbeit. Selbst einige nationale Entwicklungsorganisationen, zu deren Betätigungsfeld auch die Erneuerbaren Energien gehören, reagieren so. Und sogar einige Unternehmen, die Erneuerbare Energie-Techniken exportieren, betrachten dies als einen Eingriff in ihr Revier.

Doch keiner dieser Vorbehalte ist richtig: die Arbeit bestehender Organisationen soll ja nicht ersetzt, sondern sogar gestärkt werden. Tatsache ist, dass alle bisherigen Tätigkeiten von Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen nicht ausreichen, um der Herausforderung gerecht zu werden. Entweder haben sie nicht genug finanzielle Mittel, um ihre Ansätze praktisch auszuweiten - oder der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in anderen Aufgaben. Alle sollen der Nutzung Erneuerbarer Energien mehr Aufmerksamkeit widmen, in eigener Verantwortung. Aber es ist eine Tatsache, dass 95 Prozent der Weltkarte in Bezug auf Erneuerbare Energien noch weiß sind - also nichts bisher geschehen ist. Und wo die "human capacity" fehlt, ist auch keine Möglichkeit zur Produktion und kein Markt. "Human capacity" zu bilden und Qualitätsstandards sicherzustellen, muss die Hauptaufgabe der IRENA sein. Kein Netzwerk von Forschungsinstituten kann dies allein leisten.

Die IRENA soll eine subsidiäre Funktion haben: sie muss dort tätig werden, wo noch nichts geschieht, wo andere nicht aktiv sind, und wo nach ihrer Unterstützung gefragt wird. Sie kann sich dort zurückziehen, wo - nicht zuletzt mit ihrer Hilfe - der Technologietransfer von anderen übernommen werden kann oder eine eigenständige Praxis entwickelt worden ist. Kein Unternehmen kann seinen Markt ausweiten, wenn es auch noch die Ausbildung seiner Kunden übernehmen muss. Was wäre mit dem Computermarkt, wenn die Computerproduzenten auch noch das Training ihrer Kunden für die Computerarbeit bezahlen müssten?

Das globale Bedürfnis nach Erneuerbaren Energien ist so groß, dass es für alle Akteure auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien - internationale und nationale Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen, Ausbildungsstätten, Forschungsinstitute, Banken und Unternehmen - immense Expansionsmöglichkeiten gibt. Es muss viel, viel mehr getan werden, als alle bisher tatsächlich leisten können. Auch für die IRENA wird das gelten, selbst wenn sie eine finanzielle Ausstattung wie die IAEA - oder noch mehr - bekommt.

Die IRENA soll eine internationale "driving force" für alle Initiativen sein, praktisch und psychologisch. Als gemeinsame, allein auf Erneuerbare Energien konzentrierte Agentur von Regierungen - und in Verbindung mit dem vorgeschlagenen Internationalen Verbreitungsvertrag für Erneuerbare Energien als Zusatzprotokoll zum NPT - soll sie das Signal dafür sein, dass die Staatengemeinschaft endlich die Chance durch Erneuerbare Energien ernsthaft ergreift. Sie muss dafür nur zu solchen organisatorischen Initiativen bereit sein, wie sie in den 50er Jahren für die Atomenergie unternommen wurden.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.