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Iniative for an International Renewable Energy Agency

 










Der energethische Imperativ, Verlag Antje Kunstmann, 2010.

Energieautonomie
Energieautonomie. Eine neue Politik für Erneuerbare Energien. Verlag Antje Kunstmann, 2005.
Energy Autonomy.
The Economic, Social and Technological Case for Renewable Energy. Earthscan/James & James, Dezember 2006.

deutschlandradio kultur.gifInterview gesendet auf Deutschlandradio Kultur am 14. April 2008

Jörg Degenhardt: "Alles klar und alles bestens!" So SPD-Chef Beck in der Nacht nach der fast fünfstündigen Sitzung in Sachen Bahnreform. Eben musste man noch das schlimmste, sprich neuen Ärger für den obersten Sozialdemokraten befürchten; da kommt aus dem Willy-Brandt-Haus die Entwarnung. Heute will die Partei weiter beraten und Details klären. Anschließend muss das SPD-Modell mit der Union verhandelt werden. So richtig viel über das, was letzte Nacht erreicht wurde, wissen wir ja noch nicht.
Eine gewichtige Stimme im Chor der kritischen Bahnreformer gehört Becks Parteifreund Hermann Scheer. Ihn begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen Herr Scheer!

Hermann Scheer: Guten Morgen!

Degenhardt: Nach dem was Sie bisher gehört haben, können Sie damit leben?

Scheer: Ich habe ja an der Sitzung gestern nicht teilgenommen. Das waren die Landes- und Bezirksvorsitzenden der SPD zusammen mit Kurt Beck und da ich kein Landes- oder Bezirksvorsitzender bin, bin ich erst heute in der Arbeitsgruppe daran, über das gestrige Resultat zu beraten. Da bin ich natürlich im Moment auch noch nicht über alle Einzelheiten im Bilde.

Degenhardt: Gut, aber klar ist ja: Die Privatisierungspläne gehen jetzt nicht mehr so weit wie ursprünglich gedacht. Das müsste Ihnen doch gefallen?

Scheer: Sie gehen entschieden weniger weit als ursprünglich gedacht und das hat sich in Stufen vollzogen. Ursprünglich war ja gedacht eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG insgesamt. Das war das Mehdorn-Konzept, um seinen Global-Player-Träumen nachhängen zu können, und er hat ja über Jahre hinweg viele Dinge vernachlässigt, die für den Bahnbetrieb wichtig sind. Die Verkehrsdienstleistungsaufgabe der Bahn, die ja grundgesetzlich gesichert ist, die wurde vernachlässigt zu Gunsten anderer Dinge - siehe der Netzzustand. Wir haben sehr früh gesagt, das geht eigentlich so nicht. Der Koalitionsbeschluss, die Koalitionsvereinbarung einer Privatisierung kam schon zu früh. Es wurde, bevor das "ob das überhaupt richtig ist" diskutiert wurde, gleich das "wie" beschlossen und das war ein großer Fehler.

In der Zwischenzeit ist durch die Interventionen, die wir gemacht haben und die sich dann auch im SPD-Parteitagsbeschluss in Hamburg niedergeschlagen haben, eine der wichtigsten Forderungen schon vom Tisch. Eine der wichtigsten Forderungen ist erledigt, nämlich dass die Infrastruktur, die Schienen, die Bahnhöfe, die Elektrizitätsversorgung der Bahn, in jedem Fall zu 100 Prozent in einem eigenen Unternehmen öffentlich bleibt. Das war eine der Kernforderungen, die wir gehabt haben.

Degenhardt: Das heißt, Herr Scheer, wenn ich Ihnen ins Wort fallen darf, Sie gehen davon aus, dass heute im Parteivorstand, in den Gremien, in der Arbeitsgruppe - so ist es richtig - eine Lösung gefunden wird, mit der auch Sie leben können?

Scheer: Die Auseinandersetzungen der letzten Wochen gingen um die anderen Dinge, um alles was nicht zur Infrastruktur gehört. Das ist die Logistik, die teilweise auch schon längst auf der Straße stattfindet oder im Flugverkehr stattfindet, im Flugtransport. Das ist die Logistik einerseits und der Personenverkehr andererseits, und das unterteilt in Fernverkehr und Regionalverkehr. Das sollte nach dem Vorschlag von Herrn Tiefensee und von Herrn Steinbrück in ein gesondertes Unternehmen gepackt werden, unter dem Dach der Deutschen Bahn AG, und das sollte zu 49 Prozent privatisiert werden.

Degenhardt: Gut. Das Thema ist ja nun vom Tisch!

Scheer: Das ist jetzt auch weitgehend vom Tisch, dadurch dass eben festgelegt worden ist, es können maximal nur 24,9 Prozent sein.

Degenhardt: Die Frage ist aber, Herr Scheer, ob die Union dieses Modell oder diesen neuen Beck-Vorschlag jetzt mitträgt?

Scheer: Gemessen an dem Parteitagsbeschluss, der in dieser Frage noch ein Stückchen entschiedener weit gegen eine Kapitalprivatisierung des Kernauftrages der Bahn ging, damit nicht die renditefähigen Strecken übrig bleiben und die anderen geopfert werden und damit der soziale und ökologische Dienstleistungsauftrag der Bahn gefährdet wird. Das ist der eigentliche Grund des ganzen Widerstands gegen Privatisierungspläne. Also ging es darum, den Einfluss privater Kapitalinteressen entweder gar nicht zu Stande kommen zu lassen oder so weit wie möglich so zu reduzieren, dass er nicht negativ wirksam werden kann auf den Gesamtauftrag der Dienstleistungsaufgabe der Bahn. Jetzt wird die Frage zu klären sein: Wie wird das eigentlich statuarisch geregelt? Das wird heute Nachmittag mit Sicherheit diskutiert werden. Denn eines ist klar: Wir hätten heute eine andere Bahnreform, wenn es nicht die Privatisierungspläne von Herrn Mehdorn gäbe und wenn es nicht das Verhalten von Herrn Mehdorn gäbe, der auf unerträgliche Weise sich über politische Beschlüsse und politische Vorgaben als leitender Angestellter eines öffentlichen Unternehmens in den letzten Jahren hinweggesetzt hätte.

Degenhardt: Herr Scheer, eine Frage noch. Linksparteichef Oskar Lafontaine fordert heute in der "Welt" eine weitgehende Verstaatlichung oder Wiederverstaatlichung von Konzernen. Auch die Bahn - so sagt Lafontaine - sollte in Staatsbesitz sein. Sind Sie in dieser konkreten Frage vielleicht doch näher bei der Linkspartei als bei Ihrem Parteivorsitzenden, als bei Herrn Beck?

Scheer: Es ging hier ja um die Frage, wie man unterschiedliche Positionen zusammenbringt und in welcher Weise man dem, was es im Koalitionsvertrag gibt, noch irgendwie trotzdem gerecht werden kann, denn der Koalitionsvertrag geht zu weit. Ob es wirklich so geht mit der CDU, das ist noch eine ganz große Frage. Ich will mir auch die Einzelheiten noch anschauen. Die kann ich jetzt noch gar nicht wissen. Abgesehen davon, dass so viel wie ich gehört habe auch die heute Nachmittag noch ohnehin auf der Tagesordnung zur weiteren Erörterung mit Kurt Beck stehen. Aber es ist klar, wenn die CDU diesen Ansatz jetzt in der Großen Koalition nicht mitmacht, dann glaube ich, dass es einen Schritt über das hinaus, was gestern beschlossen worden ist, mit der SPD nicht geben wird.

Degenhardt: Ganz kurz noch. Meine Frage war ja, ob Sie auch dafür sind, dass zum Beispiel die Bahn ganz in Staatsbesitz gehen sollte. Können Sie diese Frage noch beantworten, Herr Scheer?

Scheer: Die Bahn ist ja im Staatsbesitz. Es geht hier ausschließlich um die Frage, welche …

Degenhardt: Die Frage ist, ob sie dort bleiben sollte.

Scheer: Nach meiner Auffassung und nach der überwiegenden Auffassung des letzten SPD-Bundesparteitages ja. Gestern Abend ging es aber um die Frage, in welcher Weise kommt man noch zu irgendeinem Ergebnis, das mit dem Koalitionsvertrag und damit mit der CDU noch irgendwie in Deckung zu bringen ist und trotzdem dem Hauptanliegen der SPD entspricht. Das ist politisches Handeln. Es tut mir leid! Wenn jeder bei seiner ursprünglichen Auffassung stehen bleibt, dann kommt natürlich überhaupt nie irgendetwas zu Stande, wenn man nicht alleine regiert.

Degenhardt: Die SPD sucht oder hat offenbar eine einheitliche Haltung in Sachen Bahnreform gefunden. Genauer werden wir es wahrscheinlich heute Abend wissen. Ich bedanke mich für das Gespräch bei einem der Kritiker der Privatisierungspläne, bei Hermann Scheer.


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