Interview gesendet in Deutschlandradio, 08. November 2006 SPD-Politiker warnt vor Verkauf unter Wert
SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer bezweifelt, dass eine Mehrheit für einen Börsengang der Bahn zustande kommt. Nicht nur ein großer Teil der Bevölkerung spreche sich dagegen aus, sagte Scheer im Deutschlandradio Kultur. Sein Eindruck sei auch, dass die überwiegende Zahl der Abgeordneten diesen Börsengang eigentlich nicht wolle.
Er wies darauf hin, dass es bei den Parteien der Koalition bisher keinen Parteitagsbeschluss darüber gebe, auch wenn in der Öffentlichkeit die Meinung entstanden sei, der Börsengang sei bereits beschlossene Sache.Zu den neuen Erwerbs- und Beteiligungsplänen von Bahnchef Mehdorn sagte der Umweltpolitiker, Aufgabe der Bahn sei es nicht, auf internationalem Feld konkurrenzfähig zu werden, sondern sie solle erfolgreich mit den Verkehrsangeboten auf der Straße und in der Luft in Deutschland konkurrieren, um aus Klimaschutzgründen auf der Schiene ein attraktives Dienstleistungsangebot anbieten zu können. "Das ist die Kernaufgabe." Außerdem habe sie den per Verfassung festgelegten Dienstleistungsauftrag, den Schienenverkehr für die Bevölkerung der Bundesrepublik sicherzustellen.
Scheer warnte, die Bahn würde bei einem Börsengang "weit unter Wert verschebelt". In den Händen der Bahn sei ein öffentliches Gut im Wert von mehr als 200 Milliarden Euro. Man müsse sehr sorgsam überlegen, ob der gemeinnützige Dienstleistungsauftrag noch erfüllt werden könne, wenn anonyme Shareholder (Anteilseigner) ohne Interesse an der Gewährleistung dieses Auftrages irgendwo an den Börsen in New York oder Tokio Anteile in Abhängigkeit von der Rendite kaufen oder verkaufen würden.
