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Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Hermann Scheer (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Tagesordnungspunkt 25), 09. Dezember 2004

Dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen stimme ich nicht zu. Ich sehe bereits in der EU-Richtlinie, die diesem Gesetzesentwurf zugrunde liegt, ein ebenso ungeklärtes wie untragbares verfassungsrechtliches Problem in Bezug auf elementare Grundsätze des Rechtsstaates.

Die Europäische Patentübereinkunft schließt die Möglichkeit der Patentierung von Stoffpatenten aus. Das Europäische Patentamt ist eine Einrichtung einer Patentübereinkunft und nicht der EU. Die Mitgliedsländer der Europäischen Patentübereinkunft sind nicht identisch mit den EU-Mitgliedern. Es handelt sich infolgedessen bei der Europäischen Patentübereinkunft und bei der EU-Richtlinie um zwei unterschiedliche internationale Rechtskreise, von denen der eine den anderen nicht einfach aufheben oder überwölben kann.

Die Europäische Patenübereinkunft wurde vom Bundestag ratifiziert. Sie ist damit geltendes Gesetz. Meines Erachtens haben sich alle Regierungen der EU vertragswidrig verhalten, indem sie im Ministerrat der EU-Richtlinie zustimmten, ohne die Europäische Patentübereinkunft – vorher oder wenigstens nachher – aufzukündigen.

Daraus ergibt sich, dass mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen zwei sich an einem Kernpunkt widersprechende internationale Gesetze künftig gleichzeitig in Kraft wären. Die EU-Organe haben sich selbst ermächtigt, internationale Verträge gegenstandslos zu machen und trotzdem weiter bestehen zu lassen.