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logo_berlinermorgenpost.gifArtikel erschien in der Berliner Morgenpost,            06. August 2008, von Jürgen Petzold
Nein, den Parteiausschluss von Wolfgang Clement habe er nie gefordert, beteuert Hermann Scheer. "Ich ziehe die inhaltliche Auseinandersetzung vor", sagt der SPD-Linke, der zu den schärfsten Kontrahenten des Ex-Bundeswirtschaftsministers zählt.

Mit seinem Eintreten für erneuerbare Energien steht der "Solarpapst" für jene Politik, gegen die Clement auch in Hessen zu Felde zog. Bereits Anfang Februar, lange vor dem Parteiausschlussverfahren, hatte Scheer seinen Kontrahenten aus dem Rheinland aufgefordert, von sich aus die SPD zu verlassen.

Als ausgewiesener Parteilinker und Verfechter alternativer Energien hat sich der 64-Jährige schon häufiger Feinde auch in den eigenen Reihen gemacht. Bereits seit 20 Jahren engagiert sich der am 29. April 1944 in Hessen geborene Politik- und Wirtschaftswissenschaftler für erneuerbare Energien: Scheer gründete 1988 die gemeinnützige Vereinigung "Eurosolar", deren ehrenamtlicher Präsident er ist. Er setzte in Deutschland und anderen europäischen Ländern Stromeinspeisungsgesetze und Förderprogramme zugunsten der erneuerbaren Energie durch, auch dafür erhielt der Vater einer Tochter 1999 den Alternativen Nobelpreis.

Doch auch in anderen Politikfeldern setzte Scheer, der seit 1980 im Bundestag sitzt und seit 1993 dem SPD-Bundesvorstand angehört, eigene Akzente: Beim Asylrecht oder dem Vertrag von Maastricht stemmte sich der Abgeordnete aus dem baden-württembergischen Wahlkreis Waiblingen gegen die Parteilinie. Seine Streitlust brachte Scheer, der in seiner Jugend ein hervorragender Schwimmer war und der Nationalauswahl für Modernen Fünfkampf angehörte, den Ruf eines Quertreibers ein. Unter dem damaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine übernahm er 1996 die Leitung des SPD-Umweltforums. Zwei Jahre später wandte er sich entschieden gegen die Nato-Bombardements im Kosovo-Krieg.

Beim hessischen Landesverband hat Scheer allerdings keinen schlechten Stand: Die dortige Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti machte ihn zum Kandidaten für das Amt des Wirtschafts- und Umweltministers - in dieser Funktion verfasste er auch das von Clement attackierte Energieprogramm der Hessen-SPD.

Deutlicher als andere Genossen zeigte Scheer Sympathien für das Vorhaben, Ypsilanti mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Und trotz des Scheiterns von Rot-Rot-Grün und dem Ansehensverlust für die SPD nach dem "Hessen-Debakel" macht sich Scheer weiter für Ypsilanti stark.

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