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Artikel erschienen in Stuttgarter Zeitung, 10. Mai 2007 

In Hamburg nimmt heute der so genannte Weltzukunftsrat seine Arbeit auf

Von Alexander Mäder. Die Diagnose Jakob von Uexkülls ist hart: Die Regierungen der Welt seien bis jetzt nicht in der Lage gewesen, globale Probleme wie den Klimawandel anzugehen. Obwohl die Politik in den vergangenen Monaten ihr Bewusstsein für schmelzende Gletscher und drohende Dürren gezeigt hat, richtet der Stifter des Alternativen Nobelpreises daher ein unabhängiges Gremium ein, das den Verantwortlichen Beine machen soll. Es nennt sich Weltzukunftsrat, hat seinen Sitz in Hamburg, wo der Deutsch-Schwede von Uexküll aufwuchs, und nimmt heute nach dreijähriger Vorbereitung seine Arbeit auf.

Wie der Rat vorgehen wird, ist noch offen. Von Uexküll denkt an internationale Kampagnen - etwa um das vom Rat als vorbildlich betrachtete deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz in aller Welt bekannt zu machen. Auch ein Ersatzparlament, dessen Abgeordnete von allen Menschen im Internet gewählt werden können, steht auf dem Programm. Als Erstes will sich der Rat dem Klimawandel widmen und sich für eine internationale Agentur für erneuerbare Energien einsetzen. Klar ist jedoch, dass von Uexküll eine Art Weltgewissen vorschwebt, das laut seine Stimme erhebt.

Der Waiblinger Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer beurteilt die Lage ähnlich: Die neuen Ziele zum Klimaschutz seien bis jetzt nur verkündet, aber längst nicht erreicht worden. "Warum sollten diejenigen, die es jahrzehntelang schleifen ließen, jetzt die richtigen sein, um die Probleme zu lösen?" fragt er. Scheer gehört zum 50-köpfigen Kuratorium des Rats, das von Uexküll offenbar aus seinem großen Bekanntenkreis rekrutiert hat. Das Gremium soll dem Rat die fachliche Kompetenz sichern und ihm auch etwas Glanz verleihen. Scheer ist nicht nur Präsident der Vereinigung EUROSOLAR, er leitet auch den Weltrat für Erneuerbare Energien und erhielt 1999 den Alternativen Nobelpreis für seinen Einsatz für die Solartechnik.

Wichtig war von Uexküll, dass die Mitglieder des Kuratoriums aus allen Kontinenten und den verschiedensten Institutionen stammen. Neben Scheer sind drei weitere Deutsche dabei: die frühere Heidelberger Oberbürgermeisterin Beate Weber, der emeritierte Physiker Hans Peter Dürr und der Leiter des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Rolf Kreibich. Zu seiner neuen Aufgabe will sich Kreibich noch nicht äußern. Doch seine Position ist klar: Ein Großteil der Lösungen sei eigentlich schon bekannt, schrieb er kürzlich. "Nun müssen wir dieses Wissen endlich auch anwenden."

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