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ftd.gifErschienen in der Financial Times Deutschland, 11. Juni 2008

Ökonomen rechnen vor, dass Solarförderung das teuerste Instrument der Klimapolitik ist. Das greift zu kurz. Gegenrede eines Politikers.

Fotovoltaik ist die zukunftsträchtigste Energieoption: Strom ohne Brennstoffe, Wasserbedarf, Emissionen und Leitungsbedarf, allerorten im Mini- oder Megawattformat produzierbar.

Noch ist sie relativ kostspielig, aber die Kosten sinken mit der Massenproduktion der Anlagen und technologischen Wirkungsgradsteigerungen.

Deutschland ist hier weltweiter Vorreiter, ausgelöst durch das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG), mit dem erstmals ein breiter Markt entstand. Es wäre ein ebenso kapitaler wie fataler Fehler, die eingeleitete Dynamik willkürlich abzubrechen.

Ein Beispiel für solche Kurzsichtigkeit ist der Beitrag des Ökonomen Joachim Weimann in der FTD vom 15. Mai: CO2-Minderung mit Fotovoltaik sei um den Faktor 30 teurer als durch Emissionshandel und daher klimapolitisch kontraproduktiv. Überdies würde wegen der vom EEG garantierten Einspeisevergütung nur veraltete Technik eingesetzt.

Den Emissionshandel gegen das EEG auszuspielen ist abwegig, weil dies nicht nur für den Klimaschutz konzipiert ist. Weitere Gesetzeszwecke sind der Abbau der Energieimportabhängigkeit, Vermeidung gesundheitsschädigender Emissionen und Industrialisierung dieser Zukunftstechnologie, hin zu einer deutschen Weltmarktführerrolle.

Im Konzept des Emissionshandels spielt das alles keine Rolle, ebenso wenig wie die mit erneuerbaren Energien mögliche breite Eigentumsstreuung unter den Stromproduzenten, um die preistreibende Monopolisierung der Stromproduktion überwinden zu können.

Das EEG stimuliert gerade wegen der garantierten Einspeisetarife die Produktivität: Je produktiver die Anlage, desto höher ist der Ertrag des Betreibers. Das bringt einen scharfen Wettbewerb um die produktivsten Anlagen. Das EEG hat einen blühenden Technikmarkt entstehen lassen. In Deutschland kommen stets die produktivsten Anlagen zuerst auf den Markt.

Der Emissionshandel ist dazu keine Alternative. Das EEG hat zu einer einer CO2-Reduktion von über 70 Millionen Tonnen geführt, während das deutsche Emissionshandelsgesetz von 2005 bis 2007 maximal zehn Millionen Tonnen ergibt. Nach Berechnungen von Professor Hans-Peter Schwintowski hat jede über den Emissionshandel reduzierte Tonne CO2 die Stromkunden 1100 € gekostet, während die über das EEG vermiedene Tonne nur 57 € kostet, die per Fotovoltaik weniger als 400 €.

Weimann hat bei seiner Rechnung nur die Preise für eine eingesparte Tonne CO2 im Blick und unterschlägt die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch die Einführung des Emissionshandels – etwa die Einpreisung der kostenlos erteilten Zertifikate und weitere Mitnahmeeffekte der Stromkonzerne.

Vor allem aber steht fest: Die Solarstromkosten sinken rapide, während die konventionellen Produktionskosten – nicht zuletzt durch den Emissionshandel selbst und die Brennstoffpreise – unaufhörlich steigen. Das EEG ist eine strategische Zukunftsinitiative, deren Kosten nicht isoliert dargestellt werden dürfen. Ihr müssen die Kosten herkömmlicher Energiebereitstellung gegenübergestellt werden, frühere und aktuelle Subventionen ebenso wie alle externen Effekte – und die gesellschaftlichen Kosten in Form der Monopolpreise. Vor diesem Hintergrund sind die Mehrkosten durch das EEG von gegenwärtig 24 € pro Haushalt und Jahr das kosteneffektivste neue Technologieprogramm.

Gäbe es das EEG nicht, welcher Solaranlagenbetreiber würde dann seine Mittel für CO2-mindernde Investitionen der Stromkonzerne einsetzen? Wahrscheinlich keiner. Ginge es in der realen Energiewelt mit ihren diversen Investitionsmotiven immer nur um die an grünen Tischen ermittelte optimale Allokation von Investitionen, wäre jegliche Energieinvestition in Deutschland fehl am Platz. Stets könnte entgegnet werden, dass mit derselben Summe in China oder Indien schon aufgrund des extrem niedrigen Lohnniveaus ein effizienterer Kapitaleinsatz möglich wäre. Das wäre die generelle Aufgabe des Technologie- und Innovationsstandorts Deutschland und die Hinnahme aller hier anfallenden Emissionen.

www.ftd.de

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