Drucken
Artikel erschienen in taz, die Tageszeitung, 17. Mai 2001 

CDU stützt Berlusconi: Das ist schlimmer als die Spendenaffäre

Im Vergleich zu den Milliarden an Schwarzgeldern, mit denen Berlusconi sein privates Wirtschaftsimperium aufbaute und damit den Regierungssitz eroberte, erscheint die Schwarzgeldaffäre der CDU/CSU als harmloses Kavaliersdelikt. Ob sich - angesichts der bekannt gewordenen direkten Verbindung Kohls mit Elf und deren Rolle als Schmiergeldverteiler - dahinter noch wesentlich Schwerwiegenderes verbirgt, wird sich noch zeigen. Schwerwiegend ist jedenfalls ein anderes aktuelles Ereignis: die offene Identifizierung der CDU/CSU mit dem italienischen Wahlsieger Berlusconi.

Daß dieser mit seinen Allianzpartnern ein widerwärtiges Konstrukt in der europäischen Parteiendemokratie ist - darüber sind sich die meisten europäischen Regierungen und Medien grosso modo einig. Weil aber politische Sanktionen wie gegen die Schüssel/Haider-Regierung zu deren Stärkung geführt haben, müsse man sich, Übel oder Übel, mit Berlusconi irgendwie arrangieren müssen.

Damit dies leichter fällt, wird seine Regierungsformation als nicht vergleichbar mit der österreichischen hingestellt, sprich: etwas weniger schlimm - obwohl es für die ÖVP beleidigend ist, sie mit der Forza Italia zu vergleichen, im Gegensatz zur FPÖ die "Allianza Nazionale" in direkter Erbfolge einer faschistischen Partei steht und Haider gegenüber den Anti-Ausländerparolen Bossis noch gemäßigt auftritt. Vor allem aber standen in Österreich keine Leute mit Mafia-Verbindungen, wirtschaftskriminellen Karrieren und auch kein kommerzieller Medien-Usurpator zur Wahl.

Damit das Italien-Exempel die Demokratie und den Rechtsstaat in Europa nicht vergiften, darf nun nicht zur normalen Tagesordnung übergegangen werden. Dabei geht es nicht um kontraproduktive Sanktionen, sondern um das Verhältnis der CDU/CSU zu Berlusconi. Der CSU-Chef im Bundestag hat dessen Sieg euphorisch zum Fanal für einen konservativen Aufschwung in Europa erklärt. Auch Schäuble und selbst CDU-Reformer Pflüger zeigen sich befriedigt; letzterer meint sogar parfümierend, die Italiener hätten Berlusconi "trotz seiner Rolle als Medienzar" gewählt. Die Adenauer-Stiftung hat im Wahlkampf geholfen. Die "Forza Italia" wurde auf Betreiben Kohls in die Europäische Volkspartei aufgenommen und sitzt einträchtig im Europaparlament in der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU/CSU.

Die Union erklärt sich also gemein mit einem, der den demokratischen Rechtsstaat verhöhnt und in Italien straflos als Krimineller bezeichnet werden kann. Ihre Glaubwürdigkeit, sich hierzulande von Schwarz- und Schmiergeldern reinzuwaschen, ist insgesamt in Frage gestellt, wenn sie sich gleichzeitig ins verschmutzte Fahrwasser Berlusconis stellt. "Sage mir, wer Dein Freund ist, und ich sage Dir, wer Du bist": Die Solidarisierung der Union mit Berlusconi darf man ihr politisch nicht durchgehen lassen -- bevor alle Bemühungen um eine demokratische Kultur, korruptionsfreie politische Institutionen und klare Grenzen gegenüber rechtsextremen Anwandlungen zur naiven Nostalgie werden. "Mani pulite" in Italien ist spätestens mit der italienischen Wahl gescheitert. Umso mehr muß die Union wegen ihres Freundes-Dunstkreises zur Rede gestellt werden. Und private Medienmonopolisten müssen schon bekämpft werden, bevor sie die politische Arena der Demokratie direkt betreten.