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ZNERArtikel erschienen in Zeitschrift für Neues Energierecht (ZNER), Dokumentation EEG, Mai 2000 

...zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 

Die ZNER widmet ihr erstes Sonderheft dein Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG). Mit dem am 01.04.2000 in Kraft getretenen Gesetz vom 29.03.2000 (BGBl 1 Seite 305) ist eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben der Rot-Grünen Koalition verwirklicht - unter zuletzt noch sehr dramatischen Begleitumständen, hatten doch die europäische Kommission und die zuständigen Beamten der Bundesregierung (BMF, BMWi) die Auffassung vertreten, das Gesetz stelle eine Beihilfe nach Art. 87 EGV dar und müsse deshalb vor seinem Inkrafttreten beihilferechtlich geprüft und genehmigt werden.

Das hätte das Inkrafttreten des Gesetzes um viele Monate verzögert und den fundamentalen Wandel, der mit der Markteinführung neuer Energien verbunden ist, möglicherweise auch inhaltlich gehindert; aus Gründen, die - wie zu zeigen sein wird - schwer nachvollziehbar sind.

Das seinerzeit von einer Allparteienkoalition getragene Stromeinspeisungsgesetz vom 07. Dezember 1990 hatte seine Obergrenze bei der Windkraft erreicht. Die Konstruktion des Gesetzes hatte zudem ungleiche Belastungen bewirkt, so dass die von den Einspeisungen aus küstennahen Standorten besonders betroffene Preussen-Elektra in ihrer Verfassungsbeschwerde mit einem gewissen Recht ungleiche Belastungen rügen konnte. Es kam hinzu, dass die Klimaschutzziele, die sich die europäische Kommission und die Bundesregierung gesetzt hatten, eine umfassende Mobilisierung der sogenannten neuen erneuerbaren Energien notwendig machten. Das ist im einzelnen im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzes dargestellt. Eilbedürftig war das Gesetz aber auch aus politischen Gründen, weil es auch eine Flankierung des Atomausstiegs bewirken soll, der nach wie vor umkämpft und keineswegs entschieden ist. Dieser Atomausstieg ruft die Frage nach einer nichtfossilen Alternative auf, also die für die Erneuerbaren Energien.

Eines der schwierigsten Probleme war, ob das EEG eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 EGV darstellt und daher von der Kommission beihilferechtlich freigegeben werden müsse. Mit dieser Auffassung hatte die Kommission interveniert. Diese Frage hat daher auch in der Anhörung des Wirtschaftsausschusses am 14. Februar 2000 eine große Rolle gespielt. Die Mehrheit des Bundestages ist der Auffassung, dass das Gesetz keine Beihilfe darstellt. Daher konnte das Gesetz ohne Notifizierungsvorbehalt - der der Sache nach zu einer Mitwirkung der Kommission und damit der europäischen Ebene im Gesetzgebungsverfahren führt - nicht erforderlich war. Verboten sind nach Art. 87 Abs. 1 EGV nämlich nur staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen mit wettbewerbsverfälschendem Charakter. Die gezahlten Vergütungen fließen nach dem Zahlungs- und Ausgleichssystem des EEG direkt in die Stromgestehungskosten ein; ohne Inanspruchnahme des Staates. Der EuGH hat im Hinblick auf erfolgte Preisregulierung dieser Art festgestellt, dass eine Maßnahme keine Beihilfe ist, wenn sie Mindestpreise mit dem Ziel festsetzt, den Verkäufer eines Erzeugnisses zu Lasten der Allgemeinheit zu begünstigen Die Bundesregierung war - obwohl auch sie die Auffassung teilt, dass es sich beim EEG nicht um eine Beihilfe handelt - zwar der Meinung aus Gründen der Konfliktvermeidung mit der Generaldirektion Wettbewerb eine Beihilfeprüfung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes einzuleiten. Doch dies hat die Mehrheit des Bundestages abgelehnt, die in der Gesetzesbegründung ausführlich hervorgehoben hat, warum es sich nicht um einen Beihilfetatbestand handelt.

Aber auch wenn das EEG eine Beihilfe darstellte, müsste es aus den Gründen des Art.87 Abs. 2 EGV freigegeben werden, und zwar, um die schwerwiegenden Wettbewerbsverfälschungen, denen sich die regenerativen Energien durch die herkömmliche Stromerzeugung ausgesetzt sehen, zu beseitigen. Die Marktstellung der Steinkohle war ja mit massiver staatlicher Förderung abgestützt worden, nachdem sie dem Substitutionswettbewerb des Heizöls ausgesetzt war. Zur Erinnerung seien die seinerzeitigen staatlichen Abwehrmaßnahmen nochmals aufgezählt:

Grundlage der Neufassung des Verstromungsgesetzes von 1980 war der sogenannte "Jahrhundertvertrag": Die Selbstverpflichtung der stromerzeugenden öffentlichen EVU und eigenstromerzeugenden Industrieunternehmen, bis 1995 eine bestimmte Menge deutscher Steinkohle zur Stromerzeugung abzunehmen, zustande gekommen auf Druck des Bundeswirtschaftsministers. Das Ende kam erst mit der Kohlepfennig-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorn 11.10.1994, das den Kohlepfennig, der zuletzt 8,5 % des Strompreises für die Endabnehmer ausgemacht hatte, als verfassungswidrige Sonderabgabe qualifizierte.

Auch die Markteinführung der friedlichen Nutzung der Atomenergie kam nur durch massiven staatlichen Druck Zustande. Die Industrie hatte die Atomverstromung abgelehnt. Das Atomgesetz von 1959 mit seinem Förderzweck hat in der konkreten Umsetzung zu hohen staatlichen Subventionen geführt. So zahlte die Industrie beispielsweise zur Finanzierung des Kernkraftwerks Grundremmingen nur einen "Zuschuss" von 100 Mio. DM, den Rest trug der Staat. Dieser musste sich auch zu einer Übernahme von 90 % der Betriebsverluste verpflichten. Direkte Subventionen in Milliardenhöhe gab es auch für die Kernkraftwerke Lingen, Obrigheim, den Hochtemperaturreaktor und den Schnellen Brüter. Indirekt fördert der Bund die Atomverstromung bis heute mit der Steuerbefreiung der Rückstellungen und der Entsorgungsgarantie.

Neben diesen staatlich geförderten Erzeugungsmonopolen hatten regenerative Energien gegen marktordernde Eingriffe des Staates nie eine Chance. Da der Staat aber eine Schutzpflicht für eine chancengleiche Wettbewerbsordnung hat, haben die neuen Marktteilnehmer einen Anspruch auf Chancengleichheit durch kompensierende Unterstützung der Markteinführung. Diesem Anspruch hat der Gesetzgeber durch das EEG entsprochen.

Dass das EEG keine Beihilfe darstellt, wird in dem Beitrag von Bernhard Nagel, Europarechtler an der Universität Kassel, herausgearbeitet. Die Eckpunkte des Gesetzes sind in der Gesetzesbegründung und im Beitrag von Oschmann im einzelnen dargestellt Von zentraler Bedeutung ist zunächst, dass das Gesetz in § 1 seine Funktionen deutlich macht auch mit Blick auf etwaige Auseinandersetzungen vor Gericht:

- Nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung im Interesse des Klima- und Umweltschutzes,
- deutliche Erhöhung des Beitrags erneuerbarer Energien zur Stromversorgung
- im Einklang mit den entsprechenden Zielen der europäischen Union und der Bundesrepublik.

Weiterer zentraler Punkt ist die Ausweitung der günstigsten Erzeugungsformen und insbesondere die kräftige Anhebung der Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaik. Sehr wichtig sind auch die Hereinnahme der Energieversorgungsunternehmen in den Anwendungsbereich des Gesetzes und insbesondere der Belastungsausgleich, der im Ergebnis dazu führt, dass jeder Netzbetreiber die aufgenommene Energie virtuell - Einspeisung verdrängt ja, physikalisch gesehen, Bezüge vom Vorlieferanten - an den vorgelagerten Netzbetreiber abgeben und einen Ausgleich der gezahlten Vergütung verlangen kann. Zwar enthält das EVU dann - i.d.R. wiederum virtuell - nach Durchführung des Belastungsausgleichs eine gemittelte Menge zu einem Durchschnittspreis zurück, kann die Zahlung aber voll auf die Verbraucher abwälzen, die damit bundesweit gleichmäßig belastet werden.

Für alle Netzbetreiber und insbesondere für Stadtwerke bringt das Gesetz damit erhebliche Vorteile: Es entfällt nicht nur der fünfprozentige Selbstbehalt, der insbesondere kleinere Stadtwerke erheblich belastet hatte. EVU können vielmehr selbst gesetzlich privilegierte Anlagen betreiben und erhalten damit einen Anreiz Zur Wahrnehmung ökologischer Belange, der nicht nur Marketingcharakter hat.

Wir verfolgen mit dieser Veröffentlichung das Anliegen, den Werdegang des Gesetzes, die strittigen Positionen und insbesondere auch die Erwägungen darzustellen, die den Gesetzgeber zur letztlich gefundenen Fassung brachten. Von großer Bedeutung ist daher die synoptische Darstellung des Ausgangstextes von 1989, des Gesetzentwurfs vom Dezember 1999 und des endgültigen Gesetzestextes. Wichtig sind neben den obligatorischen Materialien (Bericht und Begründung des Bundestags) ferner die Positionen der Verbände und der Sachverständigen. Es wird damit die Gesetzgebung in allen Einzelheiten in einer Weise dokumentiert, die dem Gesetz die dringend benötigte Akzeptanz verschaffen und zu seiner Rechtssicherheit beitragen soll.

Dr. Peter Becker, Dr. Hermann Scheer